Langer-Weninger: Die wahren Klimakiller werden derzeit nicht genannt
Linz, 13. August 2019 (aiz.info). – „Der letzte Woche veröffentlichte Sonderbericht des Weltklimarates (IPCC) weist auf die Bedeutung der Landnutzung, aber auch unserer Ernährungsgewohnheiten für das Klima hin und gibt dazu mitunter zweifelhafte Handlungsempfehlungen. Es ist schon ein Stereotyp, wenn man meint, dass zur Rettung des Weltklimas nur der Verzicht auf Rindfleisch und eine möglichst vegetarische – besser noch vegane – Ernährung hilft. Dass nun der Weltklimarat in dieselbe Kerbe schlägt und dies als Schlüssel zur Klimarettung präsentiert, ist einseitig und einfallslos“, meint Landwirtschaftskammer (LK) Oberösterreich-Präsidentin Michaela Langer-Weninger. „Die Land-Ökosysteme emittieren nicht nur, sondern absorbieren auch fast ein Drittel der gesamten CO2-Emissionen aus der Nutzung fossiler Brennstoffe und der Industrie. In Österreich konnten zudem die Emissionen von Treibhausgasen aus der Landwirtschaft zuletzt um 1,2% gesenkt werden“, stellt die LK-Präsidentin fest.
Fakten anstatt Landwirtschafts-Bashing gefordert
„Es ist nicht akzeptabel, dass die Landwirtschaft, die ohnehin unter dem Klimawandel am allermeisten leidet und auch entsprechende Einkommensausfälle zu verzeichnen hat, als Klimasünder Nummer eins abgestempelt wird, während andere Sektoren ungeschoren davonkommen“, betont Langer-Weninger. „Kein Wort über den täglichen Wahnsinn des Flugverkehrs, der Prognosen zufolge noch dramatisch ansteigen wird. Die Billig-Airlines machen es möglich, dass jeder auch entfernte Destinationen zum Schnäppchenpreis ansteuern kann. Keine Rede davon, dass Kreuzfahrtschiffe pro Stunde bis zu 5 t minderwertigen Treibstoff verheizen. Kreuzfahrten sind übrigens die am schnellsten wachsende Sparte des internationalen Tourismus“, gibt die Präsidentin zu bedenken.
Es finde sich auch keine Kritik am weiterwachsenden Individualverkehr und Massentransport per Lkw, der jedenfalls in Österreich der Sargnagel der Treibhausgasbilanz sei und das Leben der Menschen an den Transitrouten immer unerträglicher mache. „Und hat schon einmal jemand berechnet, dass der dramatisch steigende Onlinehandel millionenfache Paketzustellungen (per Lkw) notwendig macht, die wiederum zusätzliche Treibhausgase nach sich ziehen? Es scheint, man ist beim IPCC zu feige, um die Konsumenten auf diese unangenehmen Wahrheiten hinzuweisen“, so Langer-Weninger.
Landwirtschaft speichert mehr CO2 als sie verursacht
Der Sonderbericht des Weltklimarates IPCC zeigt auf, dass der Landnutzungssektor für den Zeitraum 2007 bis 2016 einen Speicher von weltweit 5 Mrd. t CO2 pro Jahr darstellt. Das bedeutet, dass Landwirtschaft, Forstwirtschaft und die sonstige Landnutzung in den letzten zehn Jahren auf globaler Ebene jährlich deutlich mehr CO2 aufgenommen haben als aus dem Sektor emittiert wurde. Diese Senkungswirkung kann sogar die kontinuierliche Steigerung der CO2-Emissionen durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe teilweise kompensieren.
Ohne Rinder kein Grünland und keine Kulturlandschaft
„Selbstverständlich müssen wir alle zur Klimarettung an einem Strang ziehen. Kein Wirtschaftszweig, weder die Politik noch die Konsumenten sind davon ausgenommen. Ich wehre mich aber dagegen, den Agrarsektor pauschal als Klimasünder darzustellen. Im Gegenteil: Die Land- und Forstwirtschaft leistet einen gewichtigen Beitrag zum Klimaschutz, nämlich mit auf den jeweiligen Naturraum optimal abgestimmten, nachhaltigen Bewirtschaftungskonzepten. Ohne eine effektive Grünlandbewirtschaftung mit Wiederkäuern wie Kühen, Schafen und Ziegen ist es nicht möglich, die Bevölkerung mit Nahrung zu versorgen. Tierhaltung ist auch für das Offenhalten von Flächen und den Erhalt der Kulturlandschaft unverzichtbar“, betont Langer-Weninger.
„Wer, wenn nicht die Wiederkäuer sollen das Grünland verwerten? Immerhin sind sie kein Nahrungskonkurrent, denn nur sie können Gras als Futter verwerten. Österreichs Landwirtschaft hat durch verschiedene Maßnahmen – unter anderem durch eine Reduktion des Rinderbestandes – die Emissionen in den letzten Jahren massiv gesenkt“, erinnert die LK-Präsidentin.
Konsumenten beeinflussen Klima mit ihrem Griff ins Regal
„Man kann es als gesellschaftlichen Trend abtun oder bekritteln, dass in den entwickelten Ländern der Fleischkonsum hoch ist. In den Entwicklungs- und Schwellenländern wird der Fleischverbrauch aber noch zunehmen. Steigt das Einkommen der Menschen und verbessern sich die Lebensumstände, was diesen Ländern durchaus zu wünschen ist, ändern sich auch die Ernährungsgewohnheiten und so steht auch häufiger Fleisch auf dem Speiseplan. Letztlich bleibt dies eine Frage der Verfügbarkeit, der finanziellen Möglichkeiten, aber auch des individuellen Geschmacks und der Konsumentscheidung“, erklärt Langer-Weninger.
„Natürlich sind auch die Konsumenten in der Pflicht, den Klimawandel durch ihr eigenes Handeln zu bremsen. Der Einkauf von saisonalen Lebensmitteln, idealerweise aus der Region, verhindert lange Transporte um den gesamten Globus. In diesem Lichte sind auch Handelsabkommen wie Mercosur oder der EU/USA-Rindfleischdeal hinsichtlich ihres ökologischen Fußabdrucks und ihrer Klimawirksamkeit kritisch zu überprüfen“, so die LK-Präsidentin.