WALDFORSCHUNG: DÜRRE VERRINGERT STAMMUMFANG UND KLIMASCHUTZLEISTUNG

Aug 12, 2020 | Allgemein

ÖBf-Vorstand Freidhager: Artenreicher, bunter Mischwald ist die Zukunft

Wien, 11. August 2020 (aiz.info). – Während Trockenperioden nimmt der Umfang von Baumstämmen ab, da sie sich förmlich zusammenziehen und erst wieder ausdehnen, wenn der Flüssigkeitshaushalt wiederhergestellt ist. Gleichzeitig verringert sich damit auch die Klimaschutzleistung, da weniger Kohlenstoff im Baum gebunden werden kann. Das sind die Ergebnisse langjähriger Beobachtungen des Ökosystems sowie der Luftgüte am Zöbelboden im Reichraminger Hintergebirge/OÖ, welche auf Flächen der Österreichischen Bundesforste (ÖBf) gemeinsam mit dem Umweltbundesamt und dem Nationalpark Kalkalpen betrieben werden.

Die Messergebnisse zeigen, dass Bäume in dem untersuchten Fichten-Buchen-Gebirgswald am Zöbelboden im Trockenjahr 2018 viel häufiger unter Trockenstress standen als im feuchteren Jahr 2019. Konkret verringerte sich über den Untersuchungszeitraum von 20 Jahren das jährliche Stammwachstum von 3.080 kg/ha aufgrund von Dürren auf 2.760 kg/ha, wie Messungen mit sogenannten Dendrometern ergaben. Das entspricht einem Einbruch um 10%. Darüber hinaus wurden in den letzten 20 Jahren am Zöbelboden umgerechnet rund 1,6 t weniger Kohlenstoff pro ha im Stammholz gebunden. Das ist in etwa so viel, wie der Wald an dem Standort in einem Jahr an Kohlenstoff bindet. Dazu kommen weitere Effekte, wie etwa, dass es durch hohe Bodentemperaturen in Trockenjahren zu einer stärkeren Bodenatmung kommt und damit durch Abbauvorgänge wie Zersetzung sowie Humusbildung mehr Kohlenstoff freigesetzt wird.

„Lange Trockenperioden haben auch in den feuchten Gebirgswäldern Österreichs Auswirkungen auf Baumwachstum und Kohlenstoffbindung. Und das, obwohl dort selbst in Dürrejahren so viel Niederschlag fällt, wie in anderen Regionen Österreichs in einem durchschnittlichen Jahr. Die Bäume werden geschwächt und sind anfälliger für Schädlinge. Mischwälder puffern Dürreeffekte dagegen gut ab, da indirekte Folgen von Trockenstress, wie etwa eine höhere Anfälligkeit für Schädlinge, nur eine Baumart betreffen und nicht den ganzen Bestand „, erklärt Rudolf Freidhager, Vorstand der Österreichischen Bundesforste.

Fichte wird sich aus Lagen unter 600 m Seehöhe zurückziehen

Die Bundesforste hätten bereits damit begonnen, die Wälder an den Klimawandel anzupassen und umzubauen. Der Wald der Zukunft werde ein artenreicher, bunter Mischwald sein, da sich die Art der Zusammensetzung als widerstandsfähiger gegen Umwelteinflüsse erwiesen habe als Monokulturen. „Baumarten, die mit längeren Trockenperioden besser umgehen können, werden zunehmen, die Fichte, Österreichs häufigste Baumart, wird hingegen abnehmen.

Als Flachwurzlerin braucht sie mit mindestens 600 bis 800 mm/Jahr vergleichsweise viel Niederschlag. Tanne und Lärche hingegen brauchen weniger Wasser und vertragen Trockenheit besser“, erläutert Freidhager. Was den Niederschlag betrifft, sei auch die Eiche genügsam. Sie wachse bevorzugt an trockenen Standorten und halte auch längere Perioden ohne Niederschlag gut aus. „Die Eiche wird vor allem im Osten des Landes beziehungsweise in niederen Lagen zunehmen, während sich die Fichte aus Lagen unter 600 m Seehöhe langfristig zurückziehen wird“, so der ÖBf-Vorstand. „Vielfalt macht den Wald widerstandsfähig und klimafit“, ergänzt Monika Mörth, Geschäftsführerin des Umweltbundesamtes. „Artenreiche Wälder können ihre Klimaschutzwirkung, wenn auch verringert, ganz gut aufrechterhalten.“

Waldforschung am Zöbelboden

Die Ökosystem- und Luftgütebeobachtung am Zöbelboden liefert seit mehr als einem Vierteljahrhundert Daten zu Folgen sowie Erfolgen der Luftreinhaltung. Mit der Weiterentwicklung des Standortes zu einem, nach eigenen Angaben, der bestausgerüsteten Forschungsstandorte für ökologische Langzeitforschung (LTER) in Österreich wurden in den letzten Jahren neue Akzente gesetzt. Stand zu Beginn des Monitorings am Zöbelboden in den 1990er-Jahren der Kampf gegen das Waldsterben im Vordergrund, liegt der Fokus seit gut zehn Jahren auch auf dem Einfluss des Klimawandels.

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