Ökostrombranche kämpft für den Fortbestand der erneuerbaren Energien in Österreich

Jun 21, 2017 | Allgemein

Verbände fordern einmal mehr den Beschluss der Ökostromnovelle bis Ende Juni

Anlässlich der R20 Klimaschutzinitiative von Arnold Schwarzenegger versammelten sich heute, Dienstag, Klimaschützer und Ökostrombetreiber vor der Wiener Hofburg, um für eine Umsetzung der kleinen Ökostromgesetznovelle zu demonstrieren. Mit den Plenartagen am 28. und 29. Juni im Parlament bietet sich die letzte Chance für diese Bundesregierung, vor dem Wahltermin einen konkreten Schritt zum Klimaschutz durch die Verabschiedung der kleinen Novelle zum Ökostromgesetz zu setzen. „Es ist keine Wahlempfehlung, wenn sich die Regierungsparteien ohne eine einzige wirksame Maßnahme in den Wahlkampf verabschieden“, erklärte Peter Püspök, Präsident des EEÖ (Erneuerbare Energie Österreich) und setzte fort: „Wenn die gesamte Warteschlange bei Windkraft- und Kleinwasserkraftprojekten abgebaut und die Photovoltaik effektiver gefördert wird sowie die Biogasanlagen erhalten bleiben, können Ökostromanlagen mit bis zu 2 TWh zusätzlich in den nächsten Jahren ans Netz gebracht werden.“ Das entspricht bei einer vollständigen Substitution von Kohlestrom fast 2 Mio. von 64 Mio. t CO2/Jahr in Österreich. „Die Zeit der Lippenbekenntnisse ist vorbei, es ist höchste Zeit zu handeln, Daher fordern wir von der Regierung gemäß unserem Motto ‚Just do it'“, so Püspök in Richtung Bundeskanzleramt.

Höfinger: In blühendes Österreich investieren, nicht in die Wüste

Erneuerbare Energien nicht zu fördern, hält auch Nationalratsabgeordneter Johann Höfinger für einen „schweren politischen Fehler“. Österreich verfüge über einen großen Mix an Energieressourcen, um die Energieversorgung auf neue Beine zu stellen und einen wichtigen Beitrag zur Deckung des steigenden Bedarfs zu leisten. „Die Bundesregierung muss nun Verantwortung in dieser Frage übernehmen und die für die Energieversorgung ohnedies erforderlichen Finanzmittel in die heimischen Regionen sowie die kleinen und mittleren Unternehmen stecken, die mit der Energiegewinnung Arbeitsplätze schaffen, al in Atomkraftwerke wie Fokushima und Hinckley Point, die verbrannte Erde hinterlassen“, forderte der Abgeordnete. Umweltpolitik bedeute in der heutigen Zeit, Chancen zu ermöglichen, schloss Höfinger.

Brunner: Zeit drängt

Die Umweltsprecherin der Grünen, Christiane Brunner, ortet in der aktuellen Regierung eine „brandgefährliche Einstellung“, indem man meine, Österreich habe beim Klimaschutz einen Vorsprung. „Wir haben vielleicht eine bessere Ausgangsposition, aber andere Länder haben mehr Dynamik, die wir nicht unterschätzen dürfen.“Brunner ist überzeugt, dass kein anderes Land so viel Potenzial habe wie Österreich, den Klimavertrag von Paris umzusetzen.Dafür nicht die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, sei „nicht nur aus klimapolitischer, sondern ebenso aus wirtschaftlicher, sozialer und standortpolitischer Sicht verantwortungslos“. Wer den Klimavertrag unterschrieben habe, müsse diesen auch umsetzen, so Brunner.

Kronberger: Fördervolumen aufstocken, damit auch PV zum Zug kommt

Hans Kronberger, Präsident des Bundesverbands Photovoltaic Austria, verwies auf die geänderten Bedingungen seit dem Inkrafttreten des Ökostromgesetzes, wo für die Einspeisung von Sonnenenergie noch 27 Cent bezahlt wurden, gegenüber aktuell 7 Cent, während die Kilowattstunde weiterhin 20 Cent kostet. Daher sei auch ein Trend zur Eigenversorgung entstanden. Kronberger fordert diesbezüglich eine „fixe Zuteilung der Beiträge auf die einzelnen Sparten“. Diese Regelung sei im Entwurf von 2015 vorgesehen gewesen, nicht jedoch im aktuellen. Ersatzweise wäre auch eine Aufstockung des Fördervolumens von 8 Mio. Euro möglich.

Moidl: 260 bewilligte Windkraftanlagen warten auf Novelle

Den politischen Stillstand prangerte Stefan Moidl, Geschäftsführer der IGW, an. „Seit sechs Jahren hat das Parlament für den Ausbau der Erneuerbaren nichts mehr getan. Der Ausbau neuer Ökostromanlagen ist drastisch zurückgegangen, heuer werden nur halb so viele Windkraftanlagen errichtet wie 2014. Ohne Novelle wird sich dieser Trend fortsetzen“, ist Moidl überzeugt.

Dabei haben 260 Windkraftanlagen das Bewilligungsverfahren bereits durchlaufen und sind nun bei der Förderstelle „geparkt“, weil sie ohne Ökostromnovelle nicht gebaut werden können. „Diese Anlagen können 2,5% des heimischen Bedarfs decken, doch stattdessen importiert Österreich 15% seiner Energie. Die Novelle ist die letzte Chance, dass in dieser Legislaturperiode etwas Positives für den Klimaschutz in Österreich passiert“, forderte Moidl die Regierung auf, ihren „guten Wortmeldungen auch Taten folgen zu lassen“.

Ablinger: Standortvorteile in Österreich nutzen

Ähnlich ist die Lage bei den Kleinwasserkraftwerken, wie Paul Ablinger, Geschäftsführer der Kleinwasserkraft Österreich, bestätigte. 200 bereits bewilligte KWK-Anlagen warten ebenfalls auf ihre Verträge. Die Antragsteller hätten dafür 500 Mio. Euro investiert. Nun warten sie auf die Freigabe der Förderungen in Höhe von 7 Mio. Euro. „Zusammen mit dem großen Potenzial der Photovoltaik und der Verlässlichkeit zusätzlicher, ökologisch verträglicher Kleinwasserkraftwerke kann Österreich, wie bei der Klimaschutzkonferenz in Paris von Umweltminister Rupprechter versprochen, 100% Ökostrom bis 2030 erreichen. Alle Ökostromtechnologien, unterstützt durch ein effektives Ökostromgesetz, sind gemeinsam mit der Großwasserkraft für den Klimaschutz in Österreich notwendig“, appellierte auch Ablinger an die Politiker, die Standortvorteile in Österreich zu nutzen.

Die Novelle könnte in Summe 6.500 Arbeitsplätze schaffen und weitere 3.500 sichern sowie zusätzlich sofort ein Investitionsvolumen von mehr als 2 Mrd. Euro auslösen. Kommt die Novelle nicht, gehen Arbeitsplätze und Investitionen verloren anstatt die Energiewende für unsere Zukunft voranzutreiben .Allein 260 fertig genehmigte Windkraftwerke können nicht gebaut werden, wenn das Ökostromgesetz nicht geändert wird. „Klimaschutz braucht Taten“, fordert Moidl.

Hauptmann: Biogasanlagen haben wichtige volkswirtschaftliche Effekte

„Sollte die Ökostromgesetznovelle nicht vor dem Sommer im Nationalrat abgestimmt werden, wird Österreich beim Klimaschutz einen großen Schritt rückwärts machen“, ist auch Hannes Hauptmann, Obmann von Kompost- und Biogasverband Österreich, überzeugt. „Das Schließen von 80% der heimischen Biogasanlagen ist ein energiepolitisches, umweltpolitisches sowie volkswirtschaftliches Armutszeugnis, denn sie versorgen ganzjährig 160.000 Haushalte mit nachhaltigem Strom und ersetzen damit 40 Mio. l Heizöl. Zusätzlich werden 14 Mio. m3 Biomethan produziert, welches 1:1 russisches Erdgas ersetzt“, zeigte Hauptmann auf und verwies dabei ebenso auf die volkswirtschaftlichen wie auch sozialen Effekte. „Biogasanlagen sind eng mit der regionalen Wirtschaft vernetzt. Rund 95% aller Ausgaben verbleiben im Inland, wodurch das Bruttoregionalprodukt mit 120 Mio. Euro/Jahr positiv beeinflusst wird. Außerdem gibt es 3.500 Vollzeitarbeitsplätze im Sektor Biogas.“

Schultes: Was ausgemacht ist, muss auch halten

„Wir sind die, die das bringen, was die Zukunft braucht, dort, wo sie es nötig hat und das sicher wie auch verlässlich“, unterstrich auch der Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich, Hermann Schultes, in Richtung jener, die ihm unterstellt hatten, mit seinem Einsatz für den Klimaschutz und die erneuerbaren Energieanbieter „reine Klientelpolitik für einige wenige Großbauern“ zu machen. „Wir sind jene, die Arbeitsplätze in der Region schaffen wie auch das Energiegeld dorthin tragen und nicht nach Russland oder Saudi Arabien“, verwies Schultes weiters auf den hohen Anteil Österreichs bei

Strom- und Energieimporten insgesamt. An die Regierungsparteien richtete er abschließend die Forderung „Politik für unsere Leute zu machen, die mit großem Herzen an die Zukunft glauben“.

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