ÖBMV: BIOENERGIE AUF DEM WEG ZUR NUMMER EINS

Feb 26, 2019 | Allgemein

Bioenergie-Atlas 2019 zeigt Bundesländer im Energiewende-Vergleich

Wien, 25. Februar 2019 (aiz.info). – „Bioenergie in Österreich hat in den vergangenen Jahrzehnten Erfolgsgeschichte geschrieben – nicht nur regional, sondern auch im urbanen Bereich. In fast jeder ländlichen Gemeinde findet sich eine Fernwärmeanlage von regionalen Trägern, fast die Hälfte der heimischen Haushalte wird direkt oder indirekt von Energie aus Biomasse versorgt. Wie die Entwicklung genau aussieht, darüber gibt der Bioenergie-Atlas des Österreichischen Biomasse-Verbandes (ÖBMV) Aufschluss, der in 2. Auflage die aktuellsten Zahlen aus dem Jahr 2017 präsentiert und nicht nur die Branche auf Land- und Themenkarten sowie in Projektreportagen abbildet, sondern die Bundesländer im Hinblick auf ihre Energiestrategien und Fortschritte bei der Energiewende vergleicht. Ferner sind darin Energie-, Holz- und Biomasseflüsse sowie regionale Wertschöpfungseffekte enthalten“, zeigt ÖBMV-Präsident Franz Titschenbacher heute bei einer Pressekonferenz in Wien auf. In Österreich ging der Anteil erneuerbarer Energien allerdings zuletzt zurück. „Die nationalen Klima- und Energieziele sind nur mit Bioenergie erreichbar, dafür brauchen unsere Anlagen aber auch entsprechende politische Rahmenbedingungen“, betonte Titschenbacher.

EU-Ranking: Österreich fällt auf Platz fünf zurück

Mit einem Anteil von 32,6% erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch ist Österreich 2017 im Ranking der EU-Staaten um einen Rang auf den fünften Platz hinter Dänemark (35,8%) zurückgefallen. „Erklärbar ist das mit einem generell steigenden Energieverbrauch, wobei fossile Träger im Berichtszeitraum zulegten und der Anteil der Wasserkraft aufgrund der ausgeprägten Trockenheit leicht sank“, so Peter Liptay, Forstassessor beim ÖBMV und Autor des Bioenergie-Atlas 2019. EU-weit steht Schweden mit 54,5% Erneuerbaren ungeschlagen an der Spitze, gefolgt von Finnland (41%) und Lettland (39%). Im Rahmen des EU-Klima- und Energiepakets hat sich Österreich verpflichtet, den Anteil Erneuerbarer bis zum Jahr 2020 auf 34% zu steigern.

Kärnten liegt im Energiewende-Vergleich vor Salzburg und dem Burgenland

Innerhalb des Bundesgebiets wird die unterschiedliche Entwicklung des Bioenergieanteils deutlich. Mit rund 52,9% Erneuerbaren am gesamten Energieverbrauch belegt Kärnten vor Salzburg (49,1%) und dem Burgenland (47,7%) den ersten Platz. Niederösterreich, die Steiermark und Oberösterreich liegen knapp unter dem Bundesschnitt von 32,6%. Schlusslicht ist Wien mit 9,3%. Der Gesamtenergieverbrauch Kärntens im Jahr 2017 aufgeschlüsselt zeigt, dass 46% auf Erneuerbare entfielen, 34% auf Erdöl, das hauptsächlich in die Mobilität floss, und auch Erdgas mit 11% noch einen größeren Anteil ausmachte. Wird der Verbrauch der Erneuerbaren differenziert, wird deutlich, dass das Bundesland seinen Spitzenplatz hauptsächlich der Bioenergie verdankt, die 2017 66% der eingesetzten Erneuerbaren bereitstellte, die Wasserkraft lieferte 31%. Auch in Salzburg sind Bioenergie (55%) und Wasserkraft (41%) die bedeutendsten erneuerbaren Energieressourcen. Im Burgenland ist Bioenergie mit über 50% ebenfalls wichtigste erneuerbare Quelle, Windkraft (44%) liegt an zweiter Stelle.

100% Ökostrom bereits in drei Bundesländern – Wien von Importen abhängig

Das Ziel der nationalen Klima- und Energiestrategie, den Gesamtstromverbrauch bis 2030 zu 100% aus erneuerbaren, inländischen Energiequellen zu decken, haben das Burgenland, Salzburg und Tirol bereits erreicht. „Dem Burgenland gelingt dies zum Großteil mit Windkraft (85% der Stromerzeugung 2017), erhält aber auch wichtige Unterstützung von der Bioenergie (11%). In Salzburg und Tirol dominiert Wasserkraft (84 bzw. 94%) die Stromerzeugung. In beiden Bundesländern ist Bioenergie zweitgrößte erneuerbare Stromquelle“, erläuterte Liptay. Über den mit Abstand geringsten Ökostromanteil verfügt Wien mit etwa 15%. In der Bundeshauptstadt liefern die Wasserkraftwerke etwa 12% des Strombedarfs, die Bioenergie kommt mithilfe des Waldbiomassekraftwerks Simmering auf 2,7%. Die Stromversorgung der Bundeshauptstadt basiert zum Großteil auf Gaskraftwerken (45%) und Stromimporten (37%). Daneben sind auch Vorarlberg (33%), Kärnten (24%) und die Steiermark (21%) zu größeren Teilen von Stromeinfuhren abhängig. Kohlekraftwerke spielen nur für die Versorgung der Steiermark (13%), Oberösterreichs (10%) und Niederösterreichs (4,3%) eine Rolle.

So heizt Österreich

1,1 Mio. Haushalte in Österreich heizen mit Fernwärme. Der biogene Anteil liegt im Bundesdurchschnitt bei 46,8%. Das Burgenland steht dabei mit 99,2% an der Spitze, Vorarlberg (93%) und Tirol (80,5%) dahinter. „In Kärnten hat insbesondere die Inbetriebnahme des neuen Biomasseheizkraftwerks Klagenfurt Ost den Anteil biogener Fernwärme um satte zwölf Prozentpunkte auf 79% angehoben“, verweist Liptay auf eines der zahlreichen Projekte in diesem Bundesland. Den geringsten Anteil Erneuerbarer in der Fernwärmeerzeugung hat Wien mit knapp 14%. Zu 39,7% wird der Raumwärmebedarf privater Haushalte von Bioenergie gedeckt. Den höchsten Anteil hat sie dabei im Burgenland – hier stellen Scheitholz, Hackgut oder Pellets in Einzelfeuerungen sowie Biomasse-Fernwärme 50% zur Raumwärme bereit. Knapp dahinter folgen Kärnten und die Steiermark (49,2 bzw. 48,8%). Dagegen liefern Holzbrennstoffe in Wien nur 7,2% der Raumwärme, diese Wohnungen werden vor allem mit Erdgas (56%) und fossiler Fernwärme (28%) beheizt.

Fossiler Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen steigen: Wiener am sparsamsten

Der Energieverbrauch erreichte 2017 in Österreich mit 1.442 PJ einen Rekordwert. Genauso stiegen auch die Treibhausgasemissionen das dritte Mal in Folge auf 82,3 Mio. t CO2. „Gründe dafür sind insbesondere der stark gestiegene Dieselverbrauch im Verkehr, aber auch der vermehrte Einsatz fossiler Brennstoffe der Industrie- und Energiebetriebe“, erklärt Liptay. Insgesamt wurden in Österreich im Berichtsjahr 44% der Energie als Wärme genutzt, 36% in Form von Treibstoffen und 20% als elektrische Energie inklusive Strom für Wärme und Mobilität. Nach Bundesländern aufgeschlüsselt zeigt sich, dass Nieder- und Oberösterreich, die Steiermark sowie Wien etwa 75% der Gesamtenergie benötigen. Der Pro-Kopf-Verbrauch ist dabei in Oberösterreich fast dreimal so hoch wie in Wien. Bei den CO2-Emissionen pro Einwohner liegt Oberösterreich (15,7 t) ebenso wie Niederösterreich und die Steiermark (je 11 t) am weitesten über dem Bundesschnitt (9,1 t CO2), wobei die hohen Emissionswerte in Oberösterreich und der Steiermark laut Liptay vor allem der Eisen- und Stahlindustrie sowie teils auch der Papierindustrie zuzuschreiben sind. Obwohl rund ein Fünftel der österreichischen Bevölkerung in der Bundeshauptstadt lebt und hier vergleichsweise wenig erneuerbare Energien eingesetzt werden, beträgt Wiens Anteil an den Treibhausgasemissionen der Republik nur 10%.

Schrittweiser Ausstieg aus Ölheizungen

Gemäß der Österreichischen Klima- und Energiestrategie #mission 2030 sollen Ölheizungen in Neubauten spätestens ab dem Jahr 2020 in allen Bundesländern verboten werden. In Niederösterreich ist ein entsprechendes Gesetz seit Jahresbeginn 2019 in Kraft. Wien will Öl- und Kohleheizungen in Neubauten und bei größeren Sanierungen ab März des Jahres verbieten, Oberösterreich ab September. Das Burgenland hat das Verbot für 2020 angekündigt.

Bioenergie auf dem Weg zur Nummer eins

„Biomasse hat das Potenzial, zum bundesweit bedeutendsten Energieträger zu avancieren und könnte mittelfristig Erdöl und Erdgas überholen“, blickt Christoph Pfemeter, Geschäftsführer des ÖBMV, voraus. Aktuell werde der Ausbau der Bioenergie nicht durch ihre Verfügbarkeit, sondern durch die Aufnahmefähigkeit der Märkte begrenzt, so der Geschäftsführer weiter. Nach Schätzungen des ÖBMV könnte der Biomasseeinsatz bis 2030 um 35% erhöht werden. „Die derzeit eingesetzte Bioenergie stammt überwiegend aus Koppelprodukten der Forst- und Holzwirtschaft“, verweist Pfemeter auf neue Reststoffpotenziale vor allem in der Land- und Forstwirtschaft. Auch preislich sei Biomasse im Raumwärmebereich sehr konkurrenzfähig. Die Politik müsse nun den Fokus verstärkt auf Bioenergie richten. Der 172-seitige, farbige Bioenergie-Atlas Österreich 2019 kann als gebundenes Buch kostenlos beim ÖBMV (E-Mail: office@biomasseverband.at) bestellt werden.

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