INFORMELLES EU-FORSTMINISTERTREFFEN IN WIEN: WALD IST MEHR ALS NUR CO2-SENKE

Okt 6, 2021 | Allgemein

Forderungen zur europäischen Forststrategie 2030 an die Kommission übermittelt

Wien, 5. Oktober 2021 (aiz.info). – Die von der EU-Kommission Anfang Juli 2021 präsentierte EU-Forststrategie 2030 als Teil des Green Deals ist bei vielen EU-Mitgliedstaaten umstritten. Ein häufig genannter Kritikpunkt ist die darin vorgesehene Außer-Nutzung-Stellung von Forstflächen. Gewarnt wird vor ökonomischen, ökologischen und sozialen Nachteilen für den EU-Forstsektor und damit einer Gefährdung der drei Schlüsselkomponenten der Nachhaltigkeit. Auch die Nicht-Einbindung der Mitgliedstaaten bei der Erstellung der Waldstrategie sowie die mangelnde Beachtung der Zuständigkeiten der Mitgliedsländer in der Forstwirtschaft im Sinne der Subsidiarität wird bemängelt. Aus diesem Anlass hat Bundesministerin Elisabeth Köstinger heute einige der waldreichsten EU-Mitgliedstaaten zu einer Forstministerkonferenz nach Wien geladen. Es diskutierten die Forstminister von Deutschland, Finnland, Schweden, der Slowakei und Slowenien.

Zusätzlich fand parallel dazu auch die Konferenz der Verbände der Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer Europas statt. Deutschland, Frankreich, Finnland, Schweden, die Slowakei und Österreich haben eine gemeinsame Erklärung an die EU-Kommission als Ergebnis der Forstkonferenz übermittelt, die auch von den Verbänden der Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer Europas unterstützt wird. Die Erklärung kann auf aiz.info heruntergeladen werden.Die drei Hauptforderungen der gemeinsamen Erklärung sind die Stärkung des Prinzips der Nachhaltigen Waldbewirtschaftung, die stärkere Einbindung der Mitgliedstaaten und Anerkennung des breit gefächerten Fachwissens in den Mitgliedstaaten sowie die Förderung von Kooperation und Koordination zwischen den EU-Mitgliedsländern sowie gemeinsamer Aktivitäten unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips.

„Österreich bekennt sich zur Umsetzung des Green Deals. Es ist klar, dass der Wald hier einen wichtigen Beitrag leistet. Ich kann allerdings nicht zulassen, dass der Forst nur mehr als Senke für Kohlenstoff gesehen wird. Das erfolgreiche Prinzip der Nachhaltigen Waldbewirtschaftung umfasst eindeutig mehr“, betonte Köstinger in einer Pressekonferenz. Die EU-Kommission habe es verabsäumt, die Strategie gemeinsam und in Zusammenarbeit mit den EU-Mitgliedstaaten zu entwickeln. „Ich setze mich auf allen Ebenen dafür ein, dass die drei Komponenten der nachhaltigen Forstwirtschaft auch in Zukunft berücksichtigt werden. Die EU-Mitgliedstaaten und der Forstsektor verfügen über jahrzehntelange Erfahrung in nachhaltiger Waldbewirtschaftung. Diese Erfolgsgeschichte entsprechend weiterzuentwickeln und in die politischen Entscheidungsprozesse einzubinden, ist das Gebot der Stunde“, erklärte Köstinger.

Auch der Beitrag von Holzprodukten zum Übergang zu einer grüneren und kreislauforientierten Wirtschaft sei in der Strategie nicht erwähnt. „Einerseits sollen die Wälder in Europa auf ihre Senkenleistung reduziert werden, andererseits forciert die EU-Kommission Handelsabkommen, durch die es zu mehr Entwaldung kommen wird“, machte Köstinger auf steigende Holzimporte durch die EU und den Verlust von Arbeitsplätzen im europäischen Forstsektor im Falle einer Außer-Nutzung-Stellung aufmerksam. So würde eine Reduktion der Holzeinschlagmenge von 10% in Österreich den Wertschöpfungsbeitrag in der Holz- und Forstwirtschaft um 1,75 Mrd. Euro verringern, wie aus einer Economica-Studie über die Folgen der Außer-Nutzung-Stellung in Österreich hervorgeht.

Nationale Zuständigkeiten in der Forstpolitik

Jari Leppä, Minister für Land- und Forstwirtschaft in Finnland, unterstrich die nationalen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten in Sachen Forstpolitik. „Es ist wichtig, dass wir unsere Zusammenarbeit verstärken und die guten Praktiken und Lösungen miteinander teilen, während wir Nachhaltigkeit in all ihren Aspekten berücksichtigen. Darüber hinaus ist es von entscheidender Bedeutung, dass marktbasierte Anreize Waldbesitzer zur Bewirtschaftung ihres Forsts ermutigen. Nationale Waldinventuren dienen als Grundlage für eine solide Politikgestaltung“, betonte Leppä.

Felix Montecuccoli, Präsident der Land&Forst Betriebe Österreich, verwies auf die Vielfalt als Basis für Resilienz und damit die Grundlage der Nachhaltigkeit. „Die Vielfalt der Waldtypen braucht auch eine Vielfalt von Managementkonzepten. 16 Mio. Waldbesitzer mit generationenlanger Erfahrung garantieren die notwendige Vielfalt. Wir wollen mit unserer Kompetenz und unserem persönlichen und familiären Engagement für nachhaltiges Waldmanagement auch von der EU-Kommission und ihren Dienststellen als Partner anerkannt werden. Die zentrale Planung und Fokussierung auf wenige Themen widersprechen der Nachhaltigkeit multifunktionaler Wälder“, stellte Montecuccoli fest. Nur regionale Konzepte im Rahmen nationaler Forstpolitik könnten die Leistung der Wälder im Kampf gegen den Klimawandel garantieren. „Wir Waldbesitzer wollen und können dabei eine Schlüsselrolle spielen, wenn wir eingebunden werden und unsere Kompetenz genutzt wird“, ist der Präsident der Land&Forst Betriebe Österreich überzeugt.

In Österreich erwirtschaften die Unternehmen der Forst- und Holzwirtschaft laut Economica-Studie eine direkte Bruttowertschöpfung von 11,3 Mrd. Euro und stehen damit für einen Anteil von 3,2% der gesamten österreichischen Wirtschaftsleistung. Im gesamten Wertschöpfungsnetzwerk Forst- und Holzwirtschaft wird eine Bruttowertschöpfung von über 20 Mrd. Euro erreicht. Die Forst- und Holzwirtschaft erwirtschaftet hiermit jeden 17. Euro der österreichischen Bruttowertschöpfung. Gleichzeitig werden entlang der Wertschöpfungskette Forst- und Holzwirtschaft 300.000 Arbeitsplätze gesichert. Jeder 15. Arbeitsplatz ist auf die Forst- und Holzwirtschaft zurückzuführen, geht aus der Studie hervor.

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