Generelle Forststraßenöffnung nicht im Sinne von Ökologie und Tourismus

Nov 27, 2015 | Allgemein

Titschenbacher: Studien untermauern, dass Forstgesetz beste Lösung für ein Miteinander

„Der Wald ist Arbeitsplatz, schützt vor Naturgefahren, ist Lebensraum für Wildtiere und Wohlfühloase für Erholungssuchende, vom Wanderer bis zum Mountainbiker. Will man all diese Ansprüche an den Wald erfüllen und dabei Konflikte vermeiden, kann das nur in geregelten Bahnen erfolgen. Das Forstgesetz ist dafür die beste Garantie und hat sich nachweislich bewährt“, fasst Franz Titschenbacher, Vorsitzender des Ausschusses für Forst- und Holzwirtschaft der LK Österreich sowie Präsident der LK Steiermark jüngste Forschungsergebnisse zusammen.

Ergebnis: Geringer Bedarf an zusätzlichen Forststraßen

So kommt die Studie der MODUL University Vienna, durchgeführt von Univ.Prof. Dr. Dagmar Lund-Durlacher, Leiterin des Departments of Tourism and Service Management, zu eindeutigen Ergebnissen: „Das Angebot an Forststraßen, die für Mountainbiker erschlossen wurden, wird von Tourismusvertretern, vor allem in Tourismusregionen, als ausreichend und gut bewertet. Mountainbiker selbst sehen primär Bedarf an attraktiven Singletrails, das sind meist schmale Wanderwege, die eine größere sportliche Herausforderung darstellen als Forststraßen. Es wird daher gegenwärtig vor allem in den Ausbau von Singletrails und Bikeparks investiert. Damit möchte man ein qualitativ hochwertiges und touristisch attraktives Angebot schaffen, das zusätzlich Gäste in die Regionen bringen soll. Im Sommer 2014 kamen immerhin 824.000 überdurchschnittlich zahlungskräftige Mountainbike-Urlauber nach Österreich, mit einer steigenden Tendenz. Im Vergleich mit den Nachbarstaaten wird die derzeitige Gesetzeslage in Österreich nicht unbedingt als Nachteil gesehen. Die Mountainbike-Urlauber kämen nach Österreich wegen einer gut ausgebauten und attraktiven Mountainbike-Infrastruktur“, so die Wissenschaftlerin zu den Erkenntnissen aus den Befragungen.

Risikosportart Mountainbiking

Im Rahmen der Studie wurden auch die durch Mountainbike-Unfälle verursachten Gesundheitskosten untersucht. „Mountainbiking gilt generell als risikoreicher Sport. Nach Angaben des Kuratoriums für Verkehrssicherheit gab es in Österreich im Jahr 2014 mehr als 7.000 Mountainbike-Unfälle, die einen Spitalsaufenthalt zur Folge hatten. Die gesamten direkten und indirekten volkswirtschaftlichen Kosten betrugen 176,7 Mio. Euro, das entspricht durchschnittlichen Kosten pro Unfall von rund 25.000,- Euro. Durch gezielte Informationen und Besucherlenkungsmaßnahmen konnten die Mountainbike-Unfälle in den letzten Jahren reduziert werden. Nach einer generellen Öffnung hätte man im Gegensatz zur aktuellen Situation kaum mehr Einflussmöglichkeiten auf die Waldnutzer“, so Studienleiterin Lund-Durlacher, die zusammenfassend klarstellt: „Der Nutzungsdruck für Mountainbike-Strecken wird vor allem für Waldwege bzw. Singletrails steigen, hier brauchen wir ein zusätzliches, gut geplantes und attraktives Strecken-Angebot. Da wäre eine Gesetzesänderung jedoch eher kontraproduktiv.“

Mountainbiker beunruhigen Wildtiere stärker als Wanderer

Univ.Prof. DDr. Ulrike Pröbstl-Haider, Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Landschaftsentwicklung, Erholung und Tourismus, präsentiert die Ergebnisse ihrer Literaturrecherche zu den ökologischen Auswirkungen des Mountainbikings: „Viele Störfaktoren können durch eine vorausschauende Wegeplanung ausgeschaltet werden. Die im Vergleich zu Wanderern mobileren Mountainbiker legen größere Strecken in derselben Zeit zurück. Dadurch können sie aber auch eine größere Zahl an Wildtieren pro Zeiteinheit beunruhigen. Studien zeigen weiter, dass die Fluchtstrecken von Alpengämsen bei Mountainbikern höher sind als bei Wanderern, was den Energiehaushalt der Tiere negativ beeinflusst“. Pröbstl-Haider kommt zum Ergebnis: „Durch eine gezielte Ausweisung von Wegen, auf denen Mountainbiking gestattet ist, kann eine zusätzliche und unnötige Beunruhigung für Wildtiere vermieden werden.“

Studien bestätigen unsere Haltung

„Beide Studien bestätigen, dass eine generelle Öffnung der Forststraßen am Bedarf der Mountainbiker vorbeigehen, hingegen Erholungssuchende unnötig verärgern und die ökologischen Ansprüche ignorieren würde. Dies zeigt auch das GfK-Umfrageergebnis vom Frühjahr 2015, demzufolge 87 % der ÖsterreicherInnen zustimmen, dass Mountainbiken nur auf eigens dafür gekennzeichneten Wegen und Routen erlaubt sein soll. Nicht zuletzt deswegen ist auch die Aktion des Forstvereins mit derzeit rund 70.000 Unterschriften so ein großer Erfolg“, stellt Titschenbacher klar.

Kennzeichnungspflicht für Mountainbikes gefordert

„Die Forstwirte wissen auch um den Bedarf an weiteren Routen für Mountainbiker. Im Sinne eines gemeinsamen Miteinander werden sich die Waldbesitzer weiterhin bemühen, ein bedarfsgerechtes, zusätzliches Angebot vor Ort auf vertraglicher Basis zu schaffen. Dazu benötigen wir auch die Unterstützung der Behörden in der Abwicklung sowie die finanzielle Unterstützung der Länder für die Errichtung“, so Titschenbacher. Aufgrund der Ergebnisse zur Unfallerhebung fordert er abschließend eine Kennzeichenpflicht für Mountainbikes, um insbesondere bei Unfällen mit Personenschaden „Schwarze Schafe“ identifizieren und zur Rechenschaft ziehen zu können. Zur Erhöhung der Sicherheit für alle könne zudem eine verpflichtende, regelmäßige Überprüfung der Verkehrssicherheit der Mountainbikes in Erwägung gezogen werden. Zudem müsse auch über einen Selbstbehalt bei Krankenhausaufenthalten für Mountainbiker nachgedacht werden, so Titschenbacher.

Unterlagen der Pressekonferenz vom 27. November 2015

Rückfragehinweis: LK Österreich, Dipl.-Ing. Martin Höbarth, 01/53441-8592 m.hoebarth@lk-oe.at

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