Experten Diskutieren Optimierung der kaskadischen Holznutzung

Mai 27, 2016 | Allgemein

Bei Strategieworkshop wurden vielfältige Aspekte dieses Themas diskutiert

Wien, 25. Mai 2016 – Das Netzwerk Zukunftsraum Land lud vergangene Woche zum Strategieworkshop „Optimierung der kaskadischen Holznutzung nach marktwirtschaftlichen Aspekten“ in Wien. Ziel der Veranstaltung, bei der rund 30 Teilnehmer aus allen Bereichen der Wertschöpfungskette Holz verzeichnet wurden, war es, ein besseres Verständnis für die komplexen Zusammenhänge am Holzmarkt zu schaffen und eine gemeinsame Sichtweise zu diesem Themenfeld zu eröffnen. Natalie Hufnagl-Jovy, Arbeitsgemeinschaft deutscher Waldbesitzerverbände, moderierte die Tagung, unter ihrer Leitung entstand ein konstruktiver Diskurs über die vielfältigen Aspekte die kaskadischen Holznutzung.

Martin Höbarth, Forstexperte der LK Österreich, brachte eingangs Beispiele aus der EU für die sehr unterschiedliche Verwendung des Begriffes „kaskadische Holznutzung“, der oft von sehr eigenwilligen Interpretationen begleitet wird. Univ.-Prof. Tobias Stern vom Institut für Systemwissenschaften der Universität Graz zeigte sehr pointiert auf, dass die Kaskadennutzung ein theoretisches Konzept ist, das es in der Praxis so nicht gibt. Ressourceneffizienz wäre der wesentlich bessere Begriff, höhere Rohstoffpreise führten in der Regel auch zu effizienteren Nutzungskonzepten, betonte er. Kasimir Nemestothy, LK Österreich, zeigte anhand der verfügbaren Daten auf, dass unter den geltenden marktwirtschaftlichen Bedingungen ohnehin die stofflichen Holznutzungspfade prioritär beliefert werden. 80% der Frischholzmenge aus dem Holzeinschlag und dem Holzimport werden als Säge- und Industrierundholz verarbeitet, nur 20% werden als Brennholz und Hackgut direkt energetisch genutzt, wobei bei Energieholzsortimenten der Eigenverbrauch der Waldbesitzer eine wesentliche Rolle spielt.

Ressourceneffizienz sehr hoch

Herbert Jöbstl, Stora Enso Wood Products GmbH, verdeutlichte, dass die optimale Ausnutzung des Rohstoffes Holz oberste Priorität habe und die österreichische Sägeindustrie europaweit bei der Ressourceneffizienz weit voran liege. Steigender Holzeinsatz im Holzbau sei bei sonst schwierigen Rahmenbedingungen einer der wichtigsten Faktoren für die erfolgreiche Weiterentwicklung des Sektors, sehr wesentlich wäre jedenfalls die über das ganze Jahr kontinuierliche Holzanlieferung bei generell anzustrebender Steigerung des Holzeinschlags. Reinhard Grießler, Fritz Egger GmbH & Co KG, unterstrich die große Bedeutung der Holzverfügbarkeit für die Investitionen in die internationalen Standorte des Unternehmens. Die Plattenindustrie hat den Einsatz von Recyclingholz verstärkt und folgt bei der Holzversorgung des jeweiligen Standortes dem Grundprinzip der kurzen Wege. Sowohl Säge- als auch Plattenindustrie haben in Biomasse-KWK-Anlagen an ihren Standorten investiert und sind durch die energetische Verwertung der anfallenden Nebenprodukte sowie zusätzlich eingesetzter Energieholzsortimente weitgehend energieautark.

Benedikt Kirchhoff, Lenzing AG, stellte sein Unternehmen als beispielgebend für bereits realisierte Bioraffinerie dar. Das eingesetzte Holz wird zur Hälfte in hochwertige stoffliche Produkte verarbeitet, die andere Hälfte geht in die energetische Verwertung am Standort. Durch die hochspezialisierten Technologien ist die Flexibilität bei den einsetzbaren Holzarten allerdings sehr gering, Forschung und Entwicklung für die stoffliche Nutzung anderer Holzarten und Holzbestandteile (wie Lignin) sind für ihn von hoher Bedeutung.

Hans Jörg Damm, Fürst Liechtenstein’scher Forstbetrieb Wilfersdorf, erläuterte die Wichtigkeit der Absatzmöglichkeiten für die anfallenden Energieholzsortimente für einen von Laubholz dominierten Betrieb. Mit der steigenden Nachfrage nach Energieholz durch den Ausbau der Biomasse-KWK-Anlagen wurden positive Deckungsbeiträge bei der Bewirtschaftung vieler Laubholzbestände erst ermöglicht und brachten in der Folge auch zusätzliche Holzmengen für die stoffliche Verwertung in den Markt. Andreas Hofbauer, Bäuerlicher Waldbesitzerverband OÖ, zeigte auf, dass stoffliche und energetische Verwendung auch bei von Nadelholz dominierten Betrieben kein Widerspruch sind, sondern sich ergänzen. Erfolgreiche Holzmobilisierung brauche den Motor aller Verwertungspfade, betonte er. Den Waldbesitzern ist wichtig, dass bereitgestelltes Holz auch zügig abgeführt wird.

Gemeinsame Zielformulierung der Branche gefragt

Die rege und konstruktive Diskussion beim Strategieworkshop führte zu folgenden Erkenntnissen: Da eine Definition des Begriffs Kaskadennutzung aufgrund der völlig unterschiedlichen Zugänge und Sichtweisen schwierig bis unmöglich ist, sollte der Fokus auf eine gemeinsame Zielformulierung der Branche gerichtet werden. Die Diskussion, die aus einer gefühlten oder tatsächlichen (temporären) Holzverknappung resultiert, schadet der gesamten Branche.

Eine zentrale Rolle für höhere Holzmengen im Gesamtsystem spielt der Holzbau. Je mehr man aus dem vorhandenen Holz macht, desto mehr Rohstoff fließt auch zu den Verarbeitern. Die Bioraffinerie wäre die optimale Antwort auf den steigenden Holzbedarf. Voraussetzung ist aber, dass die höhere Wertschöpfung bis zum jeweiligen Verfügungsberechtigten des Rohstoffes weitergegeben wird. Generell sollten Rohstoffe möglichst effizient verarbeitet und viele Wiederverwertungs- und Recyclingkreisläufe unter Berücksichtigung der energetischen Verwertungspfade durch geeignete Rahmenbedingungen unterstützt werden.

Netzwerk Zukunftsraum Land

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