Waldbewirtschaftung im Klimawandel

Artikel aus Ausgabe 3/2022

Ein innovatives Webtool gibt punktgenaue Empfehlungen für eine klimaangepasste und nachhaltige Waldbewirtschaftung. Mit dem Abschluss des Projektes „Dynamische Waldtypisierung Steiermark“ kombiniert das Land Steiermark die Vorreiterrollen in Forst und Forschung.

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Ausgabe: 3/2022
Thema: Wald & Wirtschaft
Bundesland: Österreich
Autor:in: DI Heinz Lick

Das innovative Webtool, das unter www.waldtypisierung.steiermark.at im digitalen Atlas des Landes Steiermark und auch unter www.waldbauberater.at kostenlos zur Verfügung steht, liefert Empfehlungen für eine nachhaltige, an den Klimawandel angepasste und standortspezifische Waldbewirtschaftung. Durch die Kombination von neuartigen Standortdaten und Klimawandelprognosen unterstützt das Webtool bei der Wahl der richtigen Baumart. „Im Garten kann man jedes Jahr aufs Neue entscheiden, welches Gemüse gepflanzt wird. Ein Baum wächst aber über viele Jahrzehnte und in diesen langen Zeiträumen verändert sich auch das Klima. Das Webtool liefert den Waldbesitzern einen Blick in die Zukunft, damit sie jene Baumarten pflanzen können, die nicht nur heute, sondern auch in vielen Jahrzehnten noch gut gedeihen. So machen wir unseren Wald klimafit“, erläutert Landesrat Hans Seitinger anlässlich der Fachtagung in Graz und ergänzt: „Mit dem Waldbauberatungstool bleibt die Steiermark auch für die nächsten Generationen das grüne Herz Österreichs.“

Das steirische Vorzeigeprojekt „Dynamische Waldtypisierung“ wurde im Rahmen einer internationalen Fachtagung in der Messe Graz vor über 500 Experten aus Österreich, Deutschland, Slowenien, der Schweiz und Südtirol präsentiert. „Auf Basis der „Dynamischen Waldtypisierung“ wird es in Verbindung mit dem Geschick der Forstleute gelingen, nicht nur die umfangreichen Funktionen des Waldes sicherzustellen, sondern vor allem auch die Produktionsbedingungen der Forstwirtschaft zu verbessern und damit die Existenzsicherung der Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer für die Zukunft zu gewährleisten“, erläutert der steirische Landesforstdirektor Michael Luidold.

Auf Basis wissenschaftlicher Datengrundlagen und Prognosemodellen wurden Handlungsempfehlungen für eine zukunftsorientiere und klimafitte Waldbewirtschaftung erarbeitet. Zentrale Elemente sind dabei der Wasser-, Wärme- und Nährstoffhaushalt als Basis für die Charakterisierung des Waldstandortes. Diese wurden systematisch erfasst und mit den Klimawandel-Szenarien für die nächsten 80 Jahre verknüpft. Dies entspricht einer vollen Waldgeneration. Waldbauliche Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel in den steirischen Wäldern sollten drei Aspekte berücksichtigen:

  • Resistenz – Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegenüber Störungen (Sturm, Schnee, Trockenheit, Insekten, Feuer, Überflutung, …)
  • Resilienz – Fähigkeit, nach Störungseinfluss Flächen wieder zu überschirmen & Ökosystemleistungen zu erbringen (Kronenausbau, vegetative und generative Verjüngung)
  • Anpassungsfähigkeit – selbständiges Vermögen, durch Naturverjüngung die Baumartenzusammensetzung und Genpool an sich verändernde Umweltbedingungen anzupassen.

Durch die „Dynamische Waldtypisierung“ liegen nun die fachlichen Grundlagen für eine wissensbasierte Entscheidungsfindung durch die Waldbesitzer vor“, erläutert der wissenschaftliche Projektleiter Harald Vacik von der Universität für Bodenkultur. Die Grundlagendaten wurden für den gesamten steirischen Wald auf 10 x 10 Meter gerechnet und anschließend auf 30 x 30 Meter große Flächen generalisiert, sodass Prognosen mit größtmöglicher Genauigkeit erstellt werden können.

Digitaler Atlas Steiermark, Baumarteneignung Fichte RCP 8.5 2070 – 2100.

Balkan-Eichen-Hainbuchenwald-Standort: sehr warm-mäßig warm, mäßig frisch-frisch, basenreich, mäßig warme und sehr warme Laubwald-Zone, Häufigkeit: 0,21 %.

Fakten & Details

Steirische Waldwirtschaft

  • Über eine Million Hektar bewaldete Fläche.
  • Jährlich wachsen in der Steiermark rund 8 Mio. Kubikmeter Holz nach. Davon werden rund 4,5 Mio. Festmeter genutzt.
  • 55.000 steirische Arbeitsplätze entlang der Wertschöpfungskette.
  • Der Wald ist ein wesentlicher Faktor für den Klimaschutz, denn ein Kubikmeter Holz bindet rd. eine Tonne CO2.
  • max. 400 m – 800 m das ist die Höhe um die sich die Baumgrenze in den nächsten Jahrzehnten nach oben verschieben wird.

Dynamische Waldtypisierung

  • über 2.900 Aufnahmepunkte zu Geologie und Substrat im Gelände und 240 Proben wurden im Labor analysiert.
  • 1.800 Probepunkte zu Vegetation und Standort erhoben, davon 400 Punkte intensiv mit Bodenproben in mehreren Tiefenstufen beprobt und im Labor analysiert.
  • an über 3.100 Bäumen das Baumwachstum durch Bohranalysen ausgewertet.
  • mehr als 500 Personenmonate in das Projekt an Zeit eingesetzt.
  • 116 Standorteinheiten ausgeschieden.
  • für 18 Baumarten die Eignung flächig modelliert.
  • 6,4 Mio. Euro beträgt das Budget des Projekts Dynamische Waldtypisierung, das von Bund, Land Steiermark und EU gefördert wird.
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