Für die unterschiedlichen Ausgangssituationen gibt es leider kein allgemeingültiges Patentrezept. Die Baumartenmischungen variieren sehr stark und dieser Variantenreichtum macht Angst vor Fehlentscheidungen. Gerne wird gehofft, dass sich das unklare Bild durch natürliche Ausleseprozesse von selber klärt. Dabei treffen wir mit der Aufforstung, der Wahl der Baumarten und Pflanzverbände grundlegende Entscheidungen. In der Kulturpflege kann wieder für „äsungsfreundliche“ oder „wildschadensanfällige“ Flächen gesorgt werden. Natürlich aufkommende Begleithölzer oder Pionierbaumarten können auch nur eingekürzt werden und können dadurch Verbiss-, oder Fegeschäden verringern.
Dickungspflegemaßnahmen bis zu einer Höhe von 3 – 5 m regulieren frühzeitig die Mischungsverhältnisse und den Standraum. Sie können mit einfachem Werkzeug (Hepe, Schweizer Gertel) oder mit dem Freischneider durchgeführt werden. Dabei sollte darauf geachtet werden, eine Gruppenmischung mit Reinbestandszellen in der Größe von mindestens 500 bis 1.000 m² zu erreichen. Diese räumliche Verteilung kann den zukünftigen Pflegeaufwand erheblich verringern. Ohne diesen Eingriff werden sich Pionier- und Lichtbaumarten oder unerwünschte Protzen durchsetzen. Im Schleppergelände ist die Anlage von Rückegassen oder Pflegetrassen im Abstand von ca. 20 m und einer Breite von mindestens 3 m empfehlenswert. Diese Pflegetrassen sind Voraussetzung für zukünftige bestandes – und bodenschonende Durchforstungseingriffe.
Nadelholzdominierte Bestände
Aufforstungen mit ca. 2.000 Pflanzen je Hektar können ohne Dickungspflege bis in die Stangenholzphase und einer Baumhöhe von ca. 15 Metern durchwachsen. Lediglich vereinzelte Protzen könnten entnommen werden. In sehr stammzahlreichen Naturverjüngungen sollte mit der Dickungspflege auf eine Stammzahl von 1.500 bis max. 2.000 je Hektar reduziert werden. Naturverjüngungen können sich aber unter einem lichten Altholzschirm auch sehr gut in der Höhenentwicklung differenzieren und dann braucht es keine Reduktionsmaßnahmen. Diese Höhendifferenzierung begünstigt den natürlichen Ausleseprozess. Grundsätzliches Pflegeziel ist die Förderung der Stabilität und die Erhaltung und Sicherung der Mischbaumarten wie Tanne, Lärche und Laubbaumarten.
Laubholzdominierte Bestände
Die natürliche Astreinigung steht hier im Vordergrund und erfordert dafür einen längeren Dichtstand. In der Dickung sollen nur unerwünschte, schlecht geformte Bäume oder Protzen entnommen werden. Bei Baumhöhen von 3 bis 5 m sollte bei Bedarf auch ein Formschnitt an gewünschten Zielbaumarten und speziell an sogenannten Totasterhaltern wie Kirsche gemacht werden. In dieser Phase kann in baumartenreichen Beständen eine möglichst gleichmäßige Verteilung von reinen Endbestandszellen einer Baumart mit genügend Reservisten angestrebt werden. Grundsätzlich gilt, dass max. 70 bis 100 sogenannte Endbestandszellen je Hektar etabliert werden.
Stammzahlreduktion
Mit der Stammzahlreduktion besteht die Möglichkeit, in Beständen bis 15 m (20 m) Höhe den Standraum der verbleibenden Bäume so zu gestalten, dass die Stabilität des Einzelbaumes gesichert wird und eine höchstmögliche qualitative Entwicklung gewährleistet ist. Vorwüchsige Lärchen fallen in dieser Konkurrenzsituation ohne Unterstützung gerne zurück. Sehr viele langjährige Versuchsflächen des BFW zeigen die Notwendigkeit und die betriebswirtschaftliche Sinnhaftigkeit der rechtzeitigen Stammzahlreduktion deutlich auf.
Stabilität
Der H/D Wert drückt als Kennwert die Stabilität eines Baumes aus und errechnet sich aus der Baumhöhe (in cm) dividiert durch den Brusthöhendurchmesser (in cm). Werte unter 80 weisen auf gute Stabilität hin. Ist dieser Wert durch eine zu hohe Stammzahl bereits auf über 100 gestiegen, kann er kaum noch gesenkt werden und die Stabilität des Bestandes ist gefährdet.
Höhenwachstum
Bäume wachsen nicht schneller in die Höhe, wenn sie dicht bedrängt werden. Das Höhenwachstum ist rein vom Standort abhängig und kann nicht durch Pflegeeingriffe beeinflusst werden.
Zuwachssteigerung
Der gesamte Massenzuwachs auf einem Hektar Waldfläche ist ebenfalls standortsabhängig und kaum beeinflussbar. Wichtig ist, den Zuwachs auf qualitativ wertvollere und vom Mischungsziel erwünschte Bäume zu lenken. Der Erlös wird, bedingt durch das Stück-Masse Gesetz, in durchforsteten Beständen beachtlich höher.
Kosten
Die Durchforstung wird erst ab einem mittleren Brusthöhendurchmesser von 15 cm kostendeckend. Daher sollte die Stammzahlreduktion möglichst früh und so stark erfolgen, dass die verbleibenden Bäume ungehindert in diese Dimension einwachsen können.
Aus diesen Forschungsergebnissen lassen sich folgende Faustzahlen ableiten:
Mit zunehmender Baumhöhe nimmt durch natürliche Auslese, Verdrängung und Mortalität die Stammzahl ab. Diese natürliche Stammzahlabnahme kann angenähert nach der Formel: 20.000/Baumhöhe (in m) errechnet werden. Demnach sollten in einem Bestand mit 20 Meter Höhe nur 1.000 Bäume je Hektar stehen. Durchforstungsintervalle richten sich daher vorrangig nach der Höhenentwicklung und nicht nach dem Alter der Bäume.
Im Nadelholz ist auch die Kronenlänge ein wichtiger Indikator. Die grüne Krone sollte immer 30 bis 50 Prozent der Baumlänge betragen. Im Laubholz ist der Dichtstand zur natürlichen Astreinigung länger zu halten. Durch rechtzeitige Astung kann die Qualität im Laubholz wirklich entscheidend erhöht werden.
Diese nicht kostendeckenden aber überaus wichtigen Pflegemaßnahmen können über das waldbauliche Förderungsprogramm LE 2014-2020 gefördert werden.