Was macht eine gute Wertholzsubmission aus? Was sind die Vorteile für Sie als Unternehmen?
Eberle Wir schätzen die Tiroler Wertholzsubmission sehr, weil wir hier sicher sein können, dass wir auf hochwertige und qualitativ bereits vorsortierte Hölzer in entsprechend großer Auswahl treffen. Denn nur solche kommen für unsere ebenso hochwertige Weiterverarbeitung in Frage. Außerdem handelt es sich bei den aufgelegten Stämmen ausschließlich um heimische Hölzer aus der Region Vorarlberg und Tirol, was für uns aus Gründen der Nachhaltigkeit sehr wichtig ist.
Wie viel Holz verarbeiten Sie pro Jahr?
Eberle Wir verarbeiten in unserem Betrieb ca. 100 m³ Massivholz im Jahr. Im zurückliegenden Jahr 2022 war es sogar etwas mehr: Da haben wir, alle Holzarten zusammengerechnet, 123 m³ verbraucht. Davon 33 m³ Fichte und 46 m³ Tanne, das die zwei Baumarten sind, die wir hauptsächlich auf der Wertholzsubmission ersteigern.
Wo werden die bei uns erworbenen Fichten- und Tannenhölzer eingesetzt?
Eberle Sie werden im Wesentlichen in drei unterschiedlichen Bereichen des Orgelbaus eingesetzt. Der mengenmäßig größere Teil wird für die Orgelgehäuse verwendet, welche das eigentliche Instrument – oder man könnte auch sagen, das Innenleben der Orgel – umschließen und von traditionell bis zeitgemäß gestaltet sein können. Also das, was der Betrachter von der Orgel sieht, wenn er die Kirche oder den Konzertsaal betritt.
Der zweite große Bereich ist die Technik der Orgel. Angefangen vom Spieltisch – dem Arbeitsplatz des Organisten – über die Windversorgung bis hin zur feinen Spielmechanik. Hier kommt auf Grund der speziellen mechanischen Anforderung insbesondere ganz langsam gewachsenes, feinjähriges Holz zur Anwendung. Das trifft im Speziellen auf die sogenannten ‚Abstrakten‘ zu, welche die Verbindung zwischen der Taste und dem Windventil unterhalb der Pfeife darstellen. Sie haben einen Querschnitt von nur 6 mm x 0,8 mm und das auf eine Länge von 5 m! Bei großen Instrumenten können diese Abstrakten zusammengesetzt dann auch schon mal eine Gesamtlänge von bis zu 14 m haben. Sie müssen aber dennoch in der Lage sein, bis zu 10-mal pro Sekunde repetieren zu können, denn so schnell können geübte Organist:innen die Tasten, z. B. bei einem Triller, in einer Sekunde bewegen. Deshalb auch die extrem kleinen Dimensionen, um möglichst Masse einzusparen. Da bekommt sicherlich auch der Laie eine Vorstellung davon, welche Ansprüche wir, respektive die Orgel, an das dafür verwendete Fichtenholz stellt.
Der dritte große Bereich sind die Holzpfeifen. Da es dabei um den Klang der Orgel geht, sind auch hier die Ansprüche an die Hölzer sehr speziell. Oft wird dafür auch die Bezeichnung Klangholz verwendet, wobei im Orgelbau etwas andere Kriterien maßgeblich sind als zum Beispiel im Geigenbau oder Klavierbau. Auch hier kommt nur gleichmäßig gewachsenes, feinjähriges und astfreies, riftgeschnittenes Fichtenholz zum Einsatz. Die ganz großen Pfeifen, die eine Länge von über 10 m haben können und mehrere hundert Kilogramm wiegen, werden in Tannenholz gefertigt. Allein nur für die größte Pfeife der Orgel im Wiener Stephansdom, die wir kürzlich bauen durften, wurde über 1 m³ Tannenholz benötigt. Sie wiegt genau 599 kg.
Welche drei Eigenschaften des Holzes sind für Sie als Orgelbauer besonders wichtig?
Eberle Natürlich die, die bei Bäumen am seltensten anzutreffen sind! Gleichmäßiger und gleichförmiger Wuchs, möglichst wenig Äste und Harzeinschlüsse sowie feine bis mittlere, aber unbedingt gleichmäßige Jahrringstruktur. Wenn ein Stamm diese Kriterien erfüllt, ist er für uns geeignet und dann sind wir auch bereit, gutes Geld dafür zu zahlen. Diese Kriterien finden sich grundsätzlich nur bei Holz aus höheren Lagen und aus windgeschützten Gegenden mit nicht allzu nährstoffhaltigen Böden, was sie entsprechend rar macht.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch gleich einen Appell an alle Tiroler und Vorarlberger Waldbesitzer:innen richten, mehr noch als bisher ihr hochwertiges Qualitätsholz für die jährliche Wertholzsubmission bereitzustellen. Das trägt durch die dabei erzielten Preise nicht nur dazu bei, den Holzpreis insgesamt zu stabilisieren, sondern hilft auch vielen holzverarbeitenden Betrieben in unserem Land, ihrerseits die Qualität ihrer Erzeugnisse hochzuhalten. Es schmerzt, zu sehen, dass nicht selten hochwertige Stämme nicht aussortiert werden und so in der Masse untergehen, was letztlich ein Verlust für uns alle ist.
Auf welche Rieger-Orgel sind Sie besonders stolz?
Eberle Immer auf die, die wir gerade fertiggestellt haben! Nein, ganz ehrlich, ich wüsste nicht, welche ich Ihnen da nennen sollte. Wir geben immer unser Bestes und freuen uns über jedes gelungene Instrument, ob in einem Dom oder in einer kleinen Dorfgemeinde. Aber natürlich gibt es da bei den weltweit über 350 Orgeln, an denen ich persönlich mitgewirkt habe, ein paar, an denen mein Herz besonders hängt. Viele der Instrumente sind mit eindrücklichen Personen oder besonderen Erlebnissen verknüpft, weshalb man immer wieder mit großer Freude an sie zurückdenkt.
Für mich persönlich war es ein ganz besonderes Privileg, die Orgel im „Goldenen Saal“ des Wiener Musikvereins (2011) und alle drei Orgeln im Wiener Stephansdom (1991, 2009, 2020) maßgeblich mitgestalten und mitplanen zu dürfen. Das waren zweifellos Highlights in meiner beruflichen Laufbahn als österreichischer Orgelbauer.
Viel beachtete Rieger-Orgeln stehen aber auf dem ganzen Globus verstreut, wie z. B. in der Philharmonie in Paris, in Konzerthäusern in China, Japan und Korea, in Lodz und Göteborg, im Mainzer Dom, im Essener und im Regensburger Dom, und demnächst im Konzerthaus Helsinki, in Peking und, was uns besonders freut, im Grazer Dom.
Gibt es in Tirol eine Rieger-Orgel?
Eberle Ja, natürlich! Sogar mehrere. Unter anderem auch die von uns 2015 erbaute neue Orgel in der Stiftsbasilika der Zisterzienserabtei in Stams. Was mich aber wirklich sehr freut, ist, dass wir eben erst den Zuschlag für die Restaurierung der historischen Orgel in der Stadtpfarrkirche in Schwaz bekommen haben. Eine besondere Orgel in einer ebensolchen Kirche. Diese Orgel wird, nach ihrer Restaurierung, wieder eine der prächtigsten und jedenfalls auch die größte Orgel Tirols sein, was sie ja bereits früher schon einmal war.
Erzählen Sie uns zum Abschluss etwas über die Geschichte Ihres Unternehmens.
Eberle Die Firma Rieger wurde 1844 in Jägerndorf (heute Krnov, ganz im Osten Tschechiens) von Franz Rieger – daher der Firmenname – gegründet. Nach drei Generationen im Familienbesitz Rieger, übernahm 1924 Josef von Glatter-Götz den Betrieb. 1946 wurde die Firma durch den Erlass der Benesch-Dekrete enteignet und alle Deutschsprachigen des Landes verwiesen, wozu nicht nur die Familie Glatter-Götz, sondern auch ein großer Teil der Belegschaft zählte. 1947 wagte Glatter-Götz mit seinem Sohn Josef und einer Handvoll ehemaliger Mitarbeiter einen Neuanfang im vorarlbergischen Schwarzach, im Westen Österreichs. Langsam, aber stetig wuchs das Unternehmen und als ich 1978 als knapp 15-jähriger die Lehre bei Rieger begann, war die Belegschaft schon auf 40 angestiegen. Das entsprach in etwa auch der Betriebsgröße, als ich die Firma 2003 aus den Händen von Christoph Glatter-Götz übernahm. Heute beschäftigt die Fa. Rieger 64 Mitarbeiter:innen, und kann auf eine Fertigungstiefe von annähernd 100 % verweisen, was im Orgelbau sicher einzigartig ist. Unsagbar vieles hat sich in diesen vergangenen 179 Jahren geändert, nicht aber unsere Liebe und unser Engagement für das Instrument Orgel, unser Qualitätsbewusstsein, und unser Innovationsgeist. Wir hoffen, dass wir auch in Zukunft noch viele schöne Orgeln bauen und restaurieren dürfen. Und einige davon hoffentlich auch im Tirol!
Vielen Dank für das Gespräch!
Kontakt & Info
Wendelin Eberle
Rieger-Orgelbau
www.rieger-orgelbau.com