Entrindung mit dem Harvester

Artikel aus Ausgabe 3/2018

Vermehrt auftretende und länger anhaltende Kalamitäten in der österreichischen Forstwirtschaft führen durch das zusätzliche Holzaufkommen die Teilnehmer entlang der Holzerntekette an ihre Kapazitätsgrenzen. Das Schadholz kann nicht immer zeitnah und den Erfordernissen entsprechend aufgearbeitet und aus dem Wald abtransportiert werden.

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Ausgabe: 3/2018
Thema: Wald & Technik
Bundesland: Österreich
Autor:in: DI. Dr. Gernot Hoch, DI. Dr. Franz Holzleitner

Einhergehender Preisverfall und finanzielle Einbußen bei der Waldbewirtschaftung in den Folgejahren verstärken daher die Suche nach Lösungen. Eine Alternative bei der vollmechanisierten Aufarbeitung von Schadholzmengen könnte die Entrindung durch speziell umgerüstete Harvesteraggregate darstellen. Bei der Entrindung im Bestand handelt es sich um einen zusätzlichen Prozessschritt, der mit Zeit und Kosten verbunden ist.

Die Entrindung im Bestand ermöglicht dem Waldbesitzer aber mehr zeitlichen Spielraum innerhalb der Bereitstellungskette, ohne Gefahr, durch das waldnahe Rundholzlager eine Brutstätte für Borkenkäfer anzubieten. Somit könnten auftretende Spitzen und Engpässe abgefedert und alle Partner in der Bereitstellungskette deutlich entlastet werden. Zusätzlich könnte noch stehendes aber bereits befallenes Holz geerntet und die Vermehrung der Käfer eingeschränkt werden. Die Entrindung stellt somit auch eine umweltverträgliche Alternative zu Insektiziden dar. Außerdem verbleiben die Nährstoffe aus der Rinde am Standort, welche zur Verbesserung der Bodenqualität beitragen.

Erfolgreiche Versuche

Ein konkreter Einsatz der Entrindungstechnik in Europa für die Bekämpfung und Eindämmung von Borkenkäferkalamitäten ist bis dato nicht dokumentiert. Erste erfolgreiche Versuche zur Anwendbarkeit hinsichtlich Entrindungsqualität wurden in Deutschland im Zuge eines nationalen Projektes in Zusammenarbeit des Kuratoriums für Waldarbeit und Forsttechnik e.V. (KWF) mit der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) bereits durchgeführt. Ziel des österreichischen und interdisziplinären Forschungsprojektes („Entrindung mit dem Harvesteraggregat als Maßnahme zur Borkenkäferbekämpfung und deren Auswirkung auf die nachgelagerten Prozesse und die Waldbewirtschaftung“ kurz DEBARK) ist es, die Potenziale der Entrindung mit Harvester im Bestand bei der vollmechanisierten Holzernte einerseits forsttechnisch und andererseits aus Sicht des Forstschutzes detailliert zu untersuchen und darzustellen. Das Projekt wird vom Institut für Forsttechnik (BOKU) zusammen mit dem Institut für Waldschutz des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW) in Kooperation mit Waldbesitzern, Maschinenherstellern und Transportunternehmen vom 1. Dezember 2017 bis 31. Oktober 2019 durchgeführt.

Fragestellungen im Projekt

  • Was kostet dem Waldbesitzer die Entrindung mit Harvester bei der Holzernte im Bestand bzw. mit welchen Kosten muss der Ernteunternehmer rechnen?
  • Welchen Einfluss hat die Entrindung auf die gesamte Bereitstellungskette hinsichtlich der logistischen Prozesse?
  • Welchen Effekt hat die Ausformung von Rundholz mittels Harvesteraggregaten auf die Bruttauglichkeit für Borkenkäfer? Wie ist der Bekämpfungserfolg für Käferbruten unter der Rinde?
  • Wie könnte die Entrindung als eine Maßnahme zur Eindämmung von Borkenkäferkalamitäten eingesetzt werden?

Technik und Arbeitsweise

Die Technik der Entrindung bei der vollmechanisierten Holzernte im Zuge der Ausformung hat ihren Ursprung bei der Versorgung von Papier- und Zellstoffwerken aus Eukalyptusplantagen. Hier erfolgt die Entrindung einerseits aus logistischen Gründen und andererseits dient diese für die Nährstoffrückführung im Plantagenbetrieb. Die Entrindung mit Harvestern im Bestand unter mitteleuropäischen Verhältnissen soll mittels speziell umgerüsteter Standard-Aggregate erfolgen. Je nach Hersteller werden die äußeren Vorschubwalzen, die innenliegenden Walzen und das Messrad getauscht. Zusätzlich kann auch noch über die Konfiguration der Entastungsmesser und den Anpressdruck der Vorschubwalzen Einfluss auf die Entrindungsqualität ausgeübt werden. Das Zusammenspiel aus Anpressdruck der Entastungsmesser und der daraus resultierenden notwendigen Durchzugskraft der Walzen bedarf hinsichtlich Entastungsqualität und verbleibender Rinde zeitaufwendige Einstellungen und Feinabstimmungen an der Maschine. Die Entrindungsqualität kann zusätzlich mit der Anzahl an Durchläufen bzw. mit einer Anpassung der Arbeitsweise beeinflusst werden.

Beim angepassten Arbeitssystem wird der gesamte Stamm nach der Fällung zuerst entastet und abgezopft, dann am Zopfende mit gedrehtem Aggregat wieder erfasst und anschließend beim Durchlauf zum Fällschnitt entrindet. Bei der nächsten Überfahrt erfolgt die Ausformung der Sortimente in Richtung Zopfende. Zu beachten ist hier der zusätzliche Platzbedarf im Bestand, der zusätzliche Zeitbedarf für die Durchläufe und die enorme Belastung für die Maschine durch die mehrfache Manipulation des gesamten Stammes.

Erfahrungen aus Deutschland

Joachim Heppelmann von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und Jochen Grünberger vom Kuratorium für Waldarbeit und Forsttechnik e.V. (KWF) gaben im Rahmen ihrer Vorträge an der FAST Gmunden (Februar 2018) bzw. am 21. Forstlichen Unternehmertag in München bereits einen Überblick zu aktuellen Erkenntnissen in Deutschland zum Thema Entrindung mit ausgewählten Harvesteraggregaten. Neben der technischen Anwendbarkeit und der Entrindungsqualität wurde auch die positive Wirkung der verbleibenden Rinde von Fichte und Kiefer hinsichtlich Nährstoffe im Bestand und ein möglicher verringerter Aschegehalt bei der Verbrennung von Biomasse untersucht. Die drei untersuchten Harvesteraggragate umfassten jeweils einen Log Max 7000 C, John Deere H480C und einen Ponsse H7. Die Entrindungsprozente lagen im Durchschnitt bei den Versuchen im Sommer bei 80 – 90 % und sanken im Winter auf 30 – 50 %. Der zusätzliche Aufwand für die Entrindung wird mit ca. 30 % beziffert und der zusätzliche Kraftstoffbedarf mit ca. 20 % ausgewiesen.

Geplante Arbeiten

Zusammen mit dem Holzernteunternehmen Gotsmi GmbH und der Österreichischen Bundesforste AG konnte bereits ein erster Testversuch gestartet werden. Der Ernteunternehmer sammelt dabei erste wichtige Erfahrungen zu der neu eingesetzten Technik und Arbeitsweise. Sowohl der Harvester als auch der Forwarder werden für den Produktivitätsvergleich der Holzernte mit oder ohne Entrindung mit einer Zeitstudie begleitet und hinsichtlich Dieselverbrauch analysiert. Die Bewertung der Entrindungsqualität am einzelnen Bloch erfolgt mittels fotogrammetrischer Erfassung der Restrinde. Das Bläueverhalten entrindeter Bloche wird anhand eines Lagerversuchs vor Ort mit installierter Wetterstation beobachtet. Zusätzlich wird noch die Auswirkung der Entrindung auf Borkenkäferbruten untersucht.

Harvester 1270G mit umgerüstetem H415 Aggregat von John Deere beim Entrinden und Ausformen von Sortimenten im Versuchsbestand.

Harvester 1270G mit umgerüstetem H415 Aggregat von John Deere beim Entrinden und Ausformen von Sortimenten auf der Rückegasse.

H415 Harvesteraggregat von John Deere beim Entrinden und Ausformen von Sortimenten im Versuchsbestand.

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