Die Fichte bei Trockenheit: Resistenz und Erholung

Artikel aus Ausgabe 4/2023

Stärkere und häufigere Trockenperioden gelten als die größten Gefährdungen für den Wald im Klimawandel. Die Fichte weist eine hohe Variation in Resistenz und Erholung auf. Zudem verbessern kräftige Durchforstungen die Erholungsfähigkeit der Fichtenbestände signifikant.

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Ausgabe: 4/2023
Thema: -
Bundesland: Österreich
Autor:in: Dr. Silvio Schüler

Klimawandel findet statt: dafür sprechen nicht nur steigende Kohlendioxidkonzentrationen und höhere Jahresmitteltemperaturen, sondern vor allem die weltweit zunehmenden Extremereignisse, wie die für jeden Österreicher bereits spürbaren Hitzerekorde der letzten Jahre.

Trockenperioden immer häufiger

Die Folgen von Hitze- und Trockenperioden sind geringere Zuwächse, sinkende Vitalität, reduzierte Abwehrfähigkeit der Bäume und eine Massenvermehrung von Borkenkäfern. Daher müssen Waldbesitzer mit zusätzlichem Aufwand beim Aufarbeiten von geschädigten Beständen und wirtschaftlichen Einbußen rechnen. Mit der erwarteten Zunahme an Trockenperioden stellt sich daher die Frage, wie gut unsere heimischen Baumarten – und hier vor allem die ökonomisch wichtige Fichte – mit Trockenheit umgehen und ob waldbauliche Verfahren oder andere Samenherkünfte zur Stabilisierung der Bestände beitragen können.

Resistenz und Erholung

Seit der Jahrhunderttrockenheit 2003 hat sich das Verhalten von Bäumen in Trockenperioden zu einer wichtigen wissenschaftlichen Fragestellung entwickelt und europaweit wurden zahlreiche Untersuchungen an Jung- und Altbäumen durchgeführt. Studien an Baumsämlingen unter kontrollierten Bedingungen im Labor ermöglichen zwar eine Aussage über die physiologischen Prozesse bei Trockenstress, sind aber nur bedingt geeignet, das Verhalten von ausgewachsenen Bäumen im Wald abzubilden. Daher setzen zahlreiche Forschergruppen auf Beobachtungen des Radialzuwachses anhand von Bohrkernen und elektronischen Dendrometern. Aus all diesen Untersuchungen können zwei Eigenschaften bestimmt werden: Einerseits der Zuwachs im Trockenjahr im Vergleich zum Vorjahreswachstum. Dieses, als Resistenz bezeichnete Merkmal gibt an, wie stark ein Baum sein Wachstum in der Trockenheit reduziert. Andererseits die Erholung nach einer Trockenperiode. Die Erholung wird aus dem Verhältnis des Wachstums in der Trockenheit zum Wachstum im darauffolgenden Jahr berechnet und gibt an wie schnell ein Baum das ursprüngliche Wachstum wieder erreicht.

Herkunftsunterschiede

In Österreich sind Trockenperioden vor allem in tieferen Lagen ein Problem. Durch den kontinentalen Klimaeinfluss waren Standorte im Burgenland und Weinviertel schon in der Vergangenheit häufig von Trockenperioden betroffen. Daher eignen sich diese gut, um die erwarteten Auswirkungen des Klimawandels zu untersuchen. Ein Feldversuch mit verschiedenen Fichtenherkünften im Weinviertel zeigt, dass in den vergangenen Jahrzehnten mindestens zwei längere Perioden mit unzureichenden Niederschlägen aufgetreten sind: einerseits von 1989 bis 1993 und andererseits von 2000 bis 2003. In diesen Jahren war die Verdunstung höher als der Niederschlag; durch das sinkende Wasserangebot reagierten die Bäume mit deutlichen Zuwachsreduktionen.

Abbildung 2 zeigt, dass die Fichte zirka ein Jahr nach dem Abfall des Trockenindex PDSI ihren Zuwachs sehr drastisch reduziert hat, zum Beispiel von 7,7 mm Zuwachs im Jahr 1989 auf nur 2,7 mm 1993. Allerdings gibt es zwischen den Herkünften große Unterschiede. Berechnet man die Zuwachsreduktion in der Trockenperiode – also die Resistenz der Bäume, so zeigt sich, dass einige Herkünfte ihren Zuwachs viel stärker einschränken als andere. Die geringste Zuwachsreduktion mit 54 % (Abb. 3) in der Periode 1989- 93 und 72 % von 2000-03 zeigt die Herkunft r6. Dagegen schnitt die Herkunft r13 immer am schlechtesten ab und reduzierte ihren Zuwachs zwischen 72 % und 83 %. Auch in der Erholungsfähigkeit unterscheiden sich die Herkünfte signifikant.
Diese bemerkenswerten Unterschiede belegen, dass die Fichte sehr variabel auf Perioden mit geringen Niederschlägen reagieren kann und eine genetische Variation von Resistenz und Erholung besitzt. Diese Variation kann als Basis für die Auswahl klimaresistenter Herkünfte und für Züchtungsaktivitäten genutzt werden.

Abb. 1: Langjährige Versuchsflächen mit verschiedenen Herkünften oder unterschiedlichen Eingriffsstärken sind für die Abschätzung von Trockenresistenz und Erholung unabdingbar.

Waldbauliche Möglichkeiten

Allerdings sollte das Risiko von Trockenperioden nicht nur bei der Anlage zukünftiger Wälder, sondern auch bei der Bewirtschaftung bestehender Waldbestände berücksichtigt werden. Das BFW untersucht die Auswirkungen von Stammzahlhaltung und Durchforstungseingriffen auf die Wuchsleistung und Stabilität von Fichtenbeständen bereits seit mehr als hundert Jahren.
Im Hinblick auf Trockenstress kommt eine aktuelle Literaturübersicht mit 23 Studien aus Europa und Amerika (Sohn et al. 2016) zu einem eindeutigen Ergebnis: kräftige und moderate Durchforstung in jeglichen Nadelholzbeständen (inklusive Fichte) führt zu einem besseren Wachstum vor, während und nach einer Trockenperiode. Besonders deutlich zeigt sich die Bedeutung der Durchforstung bei der Erholungsfähigkeit: hier weisen kräftig durchforstete Bestände durchwegs eine schnellere Erholung auf als nicht durchforstete Bestände. Das Ausmaß des Zuwachseinbruchs, also die Resistenz der Bäume konnte durch Durchforstung dagegen nicht verbessert werden. Als Grund für die bessere Erholung des Zuwachses nach vorangegangenen Durchforstungen gelten eine größere Blattoberfläche und ein höherer Anteil an Feinwurzelbiomasse in stark durchforsteten Beständen.

Abb. 2: Trockenperioden und die daraus resultierenden Jahreszuwächse der Fichte auf einem Herkunftsversuch im Weinviertel.
Abb. 3: Verhalten verschiedener Fichtenherkünfte in zwei Trockenperioden.

Schlussfolgerungen

Häufige Trockenperioden stellen eine Gefährdung für das Wachstum und die Stabilität von Fichtenbeständen dar. Rechtzeitige waldbauliche Eingriffe und die Auswahl geeigneter Herkünfte können das Verhalten der Fichte bei Trockenstress aber stark beeinflussen. Zudem sind weitere wissenschaftliche Untersuchungen notwendig, um das Verhalten der Fichte und anderer Nadelbaumarten in Trockenperioden besser zu verstehen und Anpassungstrategien für die Forstwirtschaft zu entwickeln.

Zitierte literatur:

Sohn, J.A.; Saha, S., Bauhus, J. (2016) Potential of forest thinning to mitigate drought stress: a meta-analysis. Forest Ecology and Management 380: 261-273.

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