In einem kleinen geografischen Gebiet in Kärnten, in den Gurk- und Metnitztaler Alpen, wachsen die sogenannten Pechlärchen. Sie produzieren einen hochwertigen Naturrohstoff, der durch ein uraltes Handwerk noch heute fast genauso geerntet wird, wie vor hundert Jahren – das Lärchenpech. Verwendung findet es in der Naturkosmetik zur Herstellung von Cremen, Seifen, Bädern und Ölen sowie in der Produktion von Naturfarben. Es wirkt durchblutungsfördernd, wundheilend, desinfizierend und schleimlösend. Früher wurde es in der Volksmedizin und im Schiffsbau eingesetzt. In der Tiermedizin werden damit mancherorts noch heute Euter- und Klauenkrankheiten behandelt.
Rudi Maier, Land- und Forstwirt aus dem Metnitztal und Obmann der lokalen Waldwirtschaftsgemeinschaft erzählt: „Früher war das Lärchenpech-Ziehen in unserer Gegend weit verbreitet. Es wurde vor allem am eigenen Hof verwendet. Das Verkaufen des Pechs war nicht immer lukrativ, noch vor 20 Jahren hat man dafür kaum etwas bekommen.“ Heute ist die Arbeit durchaus interessant, wie Stefan Maier erzählt. Der junge Metnitztaler bewirtschaftet einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und gewinnt jährlich rund 120 Kilogramm Lärchenpech. Er verkauft es an die Firma Schusser, ein Traditionsunternehmen in Weitensfeld, das seit 1919 gewerbsmäßig Lärchenharz sammelt.
Lärche ist nicht gleich Lärche
Nur das Harz der Europäischen Lärche (Larix decidua) eignet sich für die Weiterverarbeitung in der Pharmazie und Kosmetik. Jenes der Sibirischen Lärche (Larix sibirica) ist durch den höheren Harzsäuregehalt nicht geeignet. Auch der Boden hat Einfluss auf die Harzproduktion, so eignen sich Urgestein-Untergründe besser als Kalkstandorte. „Brantige“ Alm-Lärchen produzieren kaum Harz, ebenso über 1.300 m und unter 800 m Seehöhe gewachsene. Die Lärchen für die Harzgewinnung müssen vital sein, eine große Krone und einen Brusthöhendurchmesser von mindestens 35 cm haben.
Das Anbohren der Lärchen dient gleichzeitig auch der Inventur. Am Bohrmehl lässt sich der Gesundheitszustand des Baumes erkennen. Ist es weiß, dürfte der Baum gesund sein, braunes Bohrmehl jedoch weist auf eine Fäule hin. Angebohrt wird im Frühling oder Herbst mithilfe eines Holzbohrers (heute mit Motor). Mit einem Lärchenholz-Stoppel wird das ca. drei Zentimeter große Bohrloch luft- und wasserdicht verschlossen. Der Baum kann im Folgejahr das erste Mal beerntet werden. Gibt eine Lärche kein Pech oder produziert sie nach vielen Jahren der Beerntung keines mehr nach, so wird sie am Stamm durch mehrere Hiebe mit der Hacke markiert. Bei der nächsten Nutzung ist somit klar erkennbar, welcher Baum für die Harzgewinnung nicht mehr geeignet ist und entnommen werden kann.
Das Lärchenpech-Ziehen
Das Pech rinnt erst, wenn der Stamm erwärmt ist. Dann sammelt es sich im Bohrloch. Dafür wird der Lärchenholz-Stoppel mit einer Hacke entfernt und das Harz mit einem Harz-Löffel durch mehrmaliges Drehen aus dem Baum gezogen. In einem Kübel mit einem eigens angefertigten Abstreifer für den Harzlöffel wird der wertvolle Naturstoff gesammelt. Der Vorgang wird so lange wiederholt, bis kein flüssiges Harz mehr im Bohrloch ist. Das Loch wird bis zur nächsten Ernte wieder dicht verschlossen. Stefan Maier erklärt: „Sobald die Temperaturen nachts über 10° C liegen, ist das Pech flüssig genug, dass es rinnt und sich gut ziehen lässt. Daher ernten wir nur in den Sommermonaten Juli und August. Die Ausbeute ist von Baum zu Baum sehr unterschiedlich. Oft erwartet man keine große Menge und wird dann aber überrascht. Gute Bäume geben rund 250 Gramm Pech pro Ernte, also alle zwei bis drei Jahre. Es ist eine schöne Arbeit. Früher war sie durch das mechanische Anbohren des harten Lärchenholzes sehr viel anstrengender.“
Zuerst Harz-, dann Holznutzung
Lärchen neigen zur Ausbildung von Pechrissen, auch Pechlassen oder Harzrisse genannt. Das sind Rissbildungen, die von der Kernröhre in den inneren Teil des Kernholzes ausstrahlen und mit flüssigem Harz gefüllt sind. Rudi Maier erzählt: „Wir haben 200 Jahre alte Lärchen geschnitten und bemerkt, dass die angebohrten Stämme keinen Pechriss aufweisen. Durch jahrelange Harzgewinnung verschließt sich der Harzriss im Erdstamm. Das steigert die Qualität des Bloches erheblich.“ Zu beachten ist allerdings, dass das Bohrloch am Stammfuß unter dem Trennschnitt liegt und dicht verschossen wird, da sonst Holzverfärbungen und Fäule drohen. Fachgemäß durchgeführt, hat das Anbohren keinen Einfluss auf den Holzzuwachs.