Zukunftsfähige Lebensgrundlage schaffen

Artikel aus Ausgabe 2/2022

Fleißige, leidenschaftliche Bäuerinnen und Bauern stellen immer wieder unter Beweis, welchen großen gesellschaftlichen Mehrwert die Land- und Forstwirtschaft für unsere Heimat bringt. Würde uns das bewusst sein, würde wohl jeder alles daran setzen, dass diese Familienbetriebe zukünftig erhalten bleiben.

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Ausgabe: 2/2022
Thema: Reportage
Bundesland: Steiermark
Autor:in: Maximilian Handlos

Im Landesarchiv findet sich die Antwort, dass der Betrieb Pirker im Leobner Umfeld bereits im 15. Jahrhundert erstmals urkundliche Erwähnung findet. Durch die Eisenerzeugung in der Region um den Erzberg kann belegt werden, dass Forstwirtschaft für die Holzkohleproduktion hier seit mehr als 1.000 Jahren betrieben wurde. Seit dem Jahre 1750 befindet sich der Tonibauer, wie der Vulgo Name lautet, im Besitz der Familie Pirker.

Lebensgrundlage schaffen
Im Herbst beginnen beim Tonibauer die Waldarbeiten, wenn nicht durch Windwürfe schon im Sommer Holz aufgearbeitet werden musste. Den Waldwirtschaftsplan hat Thomas Pirker im Kopf und daher weiß er auch ganz genau, wo und was unbedingt erledigt werden muss. Den durchschnittlichen Jahreseinschlag von 800 bis 900 Festmeter erledigt er, gemeinsam mit seinem Vater, meist alleine. Nur in Ausnahmefällen setzen die Pirkers auf die Arbeitsleistungen von Dienstleistern. Die Nachfrage nach Mondphasenholz erfüllen sie gerne, hier sind sie auch sehr flexibel und können bei aktueller Nachfrage innerhalb kürzester Zeit liefern. Durch eine gute Aufschließung und Hangneigungen, die fast überall das Arbeiten mit Traktor und Seilwinde ermöglichen, stimmt die Leistung und die Holzerntekosten sind in einem moderaten Bereich. Das verschnittfähige Rundholz wird an sieben bis acht Sägewerke geliefert, Faserholz und Energieholz verbleiben am Betrieb oder werden zum Biomasseheizkraftwerk nach Hinterberg geliefert. Dort ist der Betrieb Mitglied, Vater Johann war jahrelang Obmann und bei der Gründung wesentlich beteiligt. Sein leidenschaftliches Waldarbeiten stellt der Forstwirtschaftsmeister auch außerhalb seines Betriebes unter Beweis. Für die Leobner Realgemeinschaft gibt es Holzernteaufträge zu erledigen oder es sind bei anderen Betrieben mit dem Baggerprozsessor Ganzbäume aufzuarbeiten.

Waldbauliche Ziele
In Zukunft sieht Thomas im Umbau der Wälder zu klimafitten Nadel-Laubholz Mischwäldern besondere Herausforderungen. Er denkt, dass der Zug in Richtung starker Klimaveränderungen bereits abgefahren ist und dass wir uns anpassen müssen. Trockenheit, Stürme, Borkenkäferbelastung – all das wird zunehmen – davon ist er überzeugt. Familie Pirker arbeitet intensiv daran, um den Artenreichtum im Wirtschaftswald noch mehr zu verstärken. Trotz einer eher geringeren Höhenlage von unter 1.000 Meter Seehöhe und einem Gebiet, welches nicht so stark von Niederschlägen bevorteilt ist, beträgt der Fichtenanteil noch immer 75 %. Die Borkenkäferbelastung ist in diesem Talkessel nach wie vor gering, aber dem Forstwirtschaftsmeister ist bewusst, dass ein Waldumbau ein Gebot der Stunde ist. Sein Ziel, einen artenreichen Wirtschaftswald zu entwickeln, verfolgt er konsequent. Tannen werden ins Altholz eingebracht, Naturverjüngungen von Laubhölzern und der Tanne gefördert. Einen Anteil von 25 % Tannen sieht er in seinen Waldstandorten als notwendig an. Thomas erstaunt es selbst immer wieder, welche Laubbaumarten von selber anwachsen. Eiche kommt sowieso sehr stark, aber auch Ahorn, Ulmen, Walnuss und Kirschen finden sich auf Flächen, wenn genug Platz vorhanden ist und genug Licht auf den Boden kommt. Doch auch fremdländische Baumarten sind für den Forstwirtschaftsmeister kein Tabu – Schwarznuss, Baumhasel, Roteichen, Douglasie und Edeltannen wurzeln in den Waldböden vom Tonibauer. Damit das Überleben der jungen Bäume in den ersten Jahren gesichert ist, bedarf es restriktiver Schutzmaßnahmen. Das flächige Einzäunen freut den Waldbesitzer überhaupt nicht, aber der hohe Wildstand macht es meist unbedingt notwendig.

Intensive Bejagung
Für einen angepassten Wildstand, damit sich ein Laub-Nadelholz Mischwald problemlos entwickeln kann, setzt sich Familie Pirker sehr intensiv ein. Sie arbeiten an einer intensiven Bejagung – der Betriebsführer selbst, Vater, Bruder und zwei weitere Jäger gehen auf der eigenen Fläche auf die Pirsch und erbringen im Vergleich zu den Nachbarjagden sehr hohe Abschusszahlen. Frustrierend ist für den Waldbauer, dass trotz dieser Intensität der Wildstand nach wie vor sehr hoch ist. Das hängt wohl sehr stark davon ab, dass die Nachbarjagden von dieser intensiven Bejagung weit entfernt sind. Mit einer gewissen Genugtuung erzählt Thomas, dass intensive Bejagung und keine Fütterung im Winter gesünderes, vitaleres Wild und ein höheres Wildbretgewicht hervorbringen. Der leidenschaftliche Waldbauer erwartet sich, dass interessenspolitisch mehr Druck auf einen angepassten Wildstand ausgeübt wird und dass vor allem zukünftig Forstbetriebsgemeinschaften ermöglicht werden müssen. Den kulinarischen Genuss von Wildfleisch gönnt sich Familie Pirker. Daher werden die erlegten Tiere auch selbst verarbeitet und verkocht.

Herausforderung Gesellschaft
Die Stadtnähe zur Bezirkshauptstadt Leoben bringt schon besondere Situationen mit sich. Öfters kommt es auch zu Diskussionen mit Menschen, die Unverständnis für Eigentumsschutz und Bewirtschaftung mitbringen. Sperrgebietstafeln ignorieren die meisten Erholungsuchenden und da eine öffentliche Straße auf einer Länge von fast drei Kilometer durch den Betrieb führt, sind Schwierigkeiten vorprogrammiert. Besucher kommen mit dem Auto, bringen das Essen vom Fastfood Restaurant mit und finden es nicht mal der Mühe wert, den Müll wieder in die Stadt mitzunehmen. Oder sie bringen den Hund mit und lassen diesen ohne Leine im Wald laufen. Wenn dann sportbegeisterte Stadtmenschen nach getaner Arbeit am Abend noch auf das Rad steigen und jegliche Fahrverbotstafel ignorieren, endet für den Waldbesitzer das Verständnis für die Erholung.

Sorge bereiten ihm auch von politischen Gruppierungen unterstützte gesellschaftliche Entwicklungen, die offensichtlich der Außernutzungstellung von Wirtschaftswäldern einen zukünftig noch höheren Stellenwert einräumen möchten. „Ob denen wohl allen bewusst ist, dass dann vermutlichen niemand mehr in den Wald gehen darf, weil die Gefahren einfach zu groß sind?“ fragt sich Thomas Pirker. Er ist überzeugt, dass sich die wenigsten selbsternannten Naturschützer wirkliche Gedanken dazu machen, was dieser Schritt in weiterer Konsequenz bedeutet.

Fakten & Details

  • Familie Bianca und Thomas Pirker
    vulgo Tonibauer
    Im Tal 115, 8700 Leoben
    Eltern Klara und Johann leben auch am Betrieb
    Bianca arbeitet bei der Wiener Polizei
    Thomas ist Forstwart und Forstwirtschaftsmeister

  • Betriebsgröße
    90 ha Wald, 30 ha Grünland
    Eigenjagdgröße 2007 durch Zukauf von 11 ha
    Biobetrieb mit Mutterkühen
    Styria Beef Produktion
    50 Mutterschafe mit Lämmervermarktung

  • Technische Ausstattung
    Forsttraktor mit 8 to Funkseilwinde
    abnehmbarer Sortierkran am Traktor
    1/3 Anteil an einem Baggerprozessor
    Seit 60 Jahren Mitglied einer Maschinengemeinschaft:
    20 Mitglieder nutzen gemeinsam rund 20 Maschinen für Land- und Forstwirtschaft

Nur einige Minuten vom Leobner Stadtzentrum entfernt kommen wir zum Tonibauer.

Im neuen Holzhaus der Eltern lässt es sich gemütlich wohnen.

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