Was sagt mir das Stück Holz?

Artikel aus Ausgabe 1/2022

Vor mehr als vier Jahren habe ich gemerkt, dass Entzündungen in meinem Körper vorhanden sind, die sogar eine leichte Chemotherapie notwendig machten. Die Behandlung hat Monate gedauert und ich hatte damals viel Zeit zum Nachdenken.

Mehr finden zu …

Ausgabe: 1/2022
Thema: Persönliches, Reportage, Wald & Holz
Bundesland: Steiermark
Autor:in: Günter Reiter

In der Zeit bin ich zu dem Entschluss gekommen aus urig gewachsenen Hölzern etwas Besonderes zu gestalten. Ich fertigte Lampen und verschiedenste kleine Kunstwerke. Ich wurde mutiger, setzte die Motorsäge ein und eines Tages sagte die Besitzerin eines Apfelbaums zu mir: „Du kann diesen Baum haben, wenn du ihn entsorgst.“ 250 Stunden investierte ich in die Gestaltung – in das Schneiden, Schleifen und schließlich in das Einölen. Fasziniert betrachtete ich schließlich meine erste große Skulptur.

Plötzlich wurde mir klar, ich habe zwar ein großes Kunstwerk hier in der Gaal geschaffen, doch niemand auf der Welt weiß davon. Ich habe Persönlichkeiten, Hotels und Restaurants angeschrieben. Antworten von Hillinger, Stanglwirt, Gölles und vielen anderen bestätigten meinen Weg. Aus Bayern und der Schweiz kamen Anfragen für Ausstellungen und in der Grimmingtherme präsentierte ich erstmals meine Kunstwerke. Besonders gefreut hat mich, dass auch Dietrich Mateschitz auf meine Anfrage reagiert hat. Und meine erste Skulptur aus dem Apfelbaum wurde von ihm gekauft. Später postete ich Bilder meiner Kunstwerke auf sozialen Medien. Durch die Lawine an begeisterten Rückmeldungen erfuhr ich eine Wertschätzung, die ich mir nicht vorstellen konnte.

Das Rohmaterial findet auf unterschiedlichste Wege zu mir. Mal sind es Holzstücke, die aus einem Überschwemmungsbecken ausgebaggert werden, mal sind es halb verrottete Baumstämme am Wegesrand. Erst wenn ich mit dem Hochdruckreiniger das Holz frei lege, beginnt der Weg in ein neues Abenteuer. Die Natur hat aus dem Teil schon ein Kunstwerk gemacht und es bedarf aus meiner Sicht ein großes Maß an Sensibilität beim Einfließen meines Bearbeitens. Das Ergebnis muss eine Kombination aus dem Ursprünglichen mit meiner Vorstellung, Kreativität und Phantasie ergeben. Es gilt für mich, nichts zu kopieren, immer etwas Neues zu erschaffen. „Was sagt mir das Holzstück? Welche Botschaft will es mir vermitteln?“ Mit meiner Kraft, mit meinem Gefühl starte ich aufs Neue in eine weitere Expedition, die mir vorerst zwar das Ungewisse bietet, aber durch den Glauben an das Besondere den Weg gehen lässt. Oft ist es aber auch so, dass ich vielleicht 100 mal an diesem Stück Holz vorbeigehen muss, bis die Idee in meinen Vorstellungen entsteht.

Ich bin auch Waldbauer
Bis zu meiner Erkrankung vor einigen Jahren habe ich meinen Wald selber bewirtschaftet. Ich habe auch immer auswärts gearbeitet und in erster Linie Läuterung durchgeführt. Die Landwirtschaft betrieb ich schon immer extensiv – wir haben Ochsen gefüttert und mit einer regionalen Fleischerei selbst vermarktet. Aktuell ist für mich der Plan offen, wie ich die Landwirtschaft in Zukunft bewirtschaften werde.

Erst seit kurzem bin ich Mitglied beim Waldverband Murtal. Davor habe ich mich mit dieser Möglichkeit einfach zu wenig auseinandergesetzt. Weil ich auch immer alles alleine gemacht habe und mir gar nicht so klar war, welche Unterstützung der Waldverband leisten kann. Mich fasziniert total, wie sich Waldhelferin Helena Zechner engagiert. Sie hat von sich aus Kontakt mit mir aufgenommen, weil sie davon gehört hat, dass ich Holz ernten möchte. Schon beim ersten Gespräch habe ich gespürt, wie sehr sich dieses Mädel „reinhaut“. Das gab mir sofort das Gefühl, dass ich mit dem Waldverband unbedingt zusammenarbeiten möchte. Helena organisierte das Holzernteunternehmen Eberhard – Altbestände wurden aufgelichtet – sie arbeiteten teils mit Seilkran, teils mit Traktor und Seilwinde. Mehr als 700 Festmeter Holz verkaufte ich über den Waldverband an das Sägewerk Mayr-Melnhof im vergangenen Jahr zu sehr guten Preisen. Im Nachhinein betrachtet verlief alles sehr zufriedenstellend – von der Organisation und der Qualität der Holzernte, über die unkomplizierte Abfuhr bis zur klaren und transparenten Abrechnung.

Meine Überzeugung ist, dass wir alle besondere Begabungen in uns haben. Wir müssen diese nur finden und wir können unseren Weg mit einer besonderen Begeisterung gehen. Die Wertschätzung als Künstler für das Besondere von vielen Menschen zu bekommen und Menschen zu begeistern, fasziniert mich nach wie vor. Im Prinzip möchte ich nur mein ICH, meine Leidenschaft leben und bekomme so viel zurück.

Günter Reiter
Puchschachen 3
8731 Gaal
www.naturatelier-rg.at

Ausstellungen gehören dazu: Hotelfachmesse Salzburg und Designermesse Wiener Hofburg.

Eine für mich besondere Eleganz zeigt diese Skulptur aus Kriecherlholz.

Eine Idee aus Apfelholz – nicht freistehend, sondern als Kunstwerk an der Wand.

Um das Außergewöhnliche zu schaffen kombiniere ich sehr oft die Kunstwerke aus meiner Arbeit mit Stein, Metall und Licht.

  • Holzbau
  • Reportage
  • Wald & Holz
Himmlische Hymnen aus heimischem Holz
Rieger Orgelbau ist ein traditionsreiches österreichisches Orgelbauunternehmen aus dem vorarlbergischen Schwarzach. Als...
  • Reportage
  • Wald & Frau
  • Wald & Jugend
Welchen Nutzen hat Forsteinrichtung?
Um entscheiden zu können, ob man für die eigene Waldfläche eine Forsteinrichtung durchführen möchte ist es wichtig ...
Datenschutz-Übersicht

Diese Website verwendet Cookies, damit wir dir die bestmögliche Benutzererfahrung bieten können. Cookie-Informationen werden in deinem Browser gespeichert und führen Funktionen aus, wie das Wiedererkennen von dir, wenn du auf unsere Website zurückkehrst, und hilft unserem Team zu verstehen, welche Abschnitte der Website für dich am interessantesten und nützlichsten sind.