Wildschaden erkennen

Artikel aus Ausgabe 1/2024

Aus waldbaulicher Sicht ist es notwendig, auf die voranschreitende Klimaerwärmung mit der Begründung von Mischbeständen und der Aufforstung von alternativen Laub- und Nadelbaumarten zu reagieren. Gerade klimafitte Baumarten, wie Tanne, Douglasie, Lärche, Eiche und andere Edellaubhölzer, die in Zukunft vermehrt zum Einsatz kommen werden, sind Leckerbissen am Speiseplan heimischer Wildarten.

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Ausgabe: 1/2024
Thema: Wald & Wild, Wald & Wirtschaft
Bundesland: Österreich
Autor:in: DI Martin Winkler

Starker Wildeinfluss kann die gesunde Entwicklung von Verjüngungsflächen beeinträchtigen und gefährden. Durch rechtzeitiges Erkennen und Setzen von Maßnahmen ist es möglich, das gewünschte Ziel von zukunftsfitten Mischbeständen zu erreichen.

Verbissschäden in Verjüngungsflächen können ganzjährig auftreten. Werden die Zielbaumarten in einem Ausmaß geschädigt, sodass die gewünschte Waldentwicklung negativ beeinflusst wird, handelt es sich um Wildschäden. Je nach Jahreszeit des Auftretens wird zwischen Winterverbiss und Sommerverbiss unterschieden. Die Jahreszeit des Auftretens von Wildschäden hat erheblichen Einfluss auf die zu setzenden Maßnahmen. Während kleinflächig auftretender Winterverbiss gut durch Verstreichen im Herbst verhindert werden kann, ist beim Sommerverbiss eine intensive Bejagung auf den Schadflächen die effizienteste Maßnahme. Am besten lässt sich Winterverbiss bei Kontrollgängen im Frühjahr vor dem Austrieb erkennen. Durch Verbiss fehlende Terminalknospen haben Wachstumsverlust, Zwieselbildung und wenn nur Mischbaumarten betroffen, sind selektive Entmischung zur Folge. Die Terminalknospe ist die Knospe des gerade nach oben wachsenden Haupttriebes. Verbissene Seitentriebe gefährden die Waldentwicklung nur, wenn mehr als 90 % der Seitentriebe einer Pflanze verbissen sind. Zur Feststellung ob Sommerverbiss Auftritt sollten Verjüngungsflächen etwa zwei Monate nach dem Austrieb begangen werden. Auf der frischen, sich bei Nadelhölzern braun verfärbenden Verbissstelle kann der Sommerverbiss festgestellt werden.

Wesentlich schwieriger zu identifizieren ist Keimlingsverbiss auf Naturverjüngungsflächen. Werden Keimlinge, das sind Jungpflanzen im ersten Jahr, verbissen, so verschwinden diese zur Gänze und der Schaden kann nicht erkannt bzw. nachgewiesen werden. Die einzige wirksame Methode, um Keimlingsverbiss zu identifizieren, ist das Aufstellen von wilddichten Kontrollzäunen mit ca. 25 m² Fläche in verjüngungsfähigen, lichten Waldbeständen. Die Kontrollzäune sollten mit einem hasendichten Wildzaun von mindestens 1,50 m Höhe ausgeführt werden. Nach ca. zwei bis drei Jahren kann die Anzahl und Baumartenmischung der Naturverjüngung innerhalb des Zaunes mit jener außerhalb des Zaunes verglichen werden. Bei unzureichender Verjüngung bzw. Baumartenmischung außerhalb des Zaunes und gleichzeitig erwünschtem Verjüngungserfolg innerhalb des Zaunes kann die Ursache klar als Keimlingsverbiss identifiziert werden. Kontrollzäune vereinfachen auch die Argumentation gegenüber den Jagdausübungsberechtigten, da sie eindeutige Ergebnisse über den Wildeinfluss liefern.

Darüber hinaus muss für eine zielgerichtete Bejagungsstrategie unterschieden werden, ob der Verbissschaden durch Schalenwild oder Hasen verursacht wurde. Da Reh-, Rot- und Gamswild keine Schneidezähne im Oberkiefer aufweisen, ist der durch diese Wildarten verursachte Verbiss gut an der ausgefransten abgerissenen Schnittstelle im rechten Winkel zur Stammachse zu erkennen. Durch Hasen und andere Nager verursachter Verbiss weist stets eine scharfkantige glatte Schnittfläche auf, die in einem Winkel von ca. 45 Grad zur Stammachse verläuft. Nager verbeißen bevorzugt Buchen und andere Laubgehölze sowie die Weißtanne.

Neben den Verbissschäden sind vor allem Fegeschäden für den Ausfall von Mischbaumarten verantwortlich. Sowohl Reh- als auch Rotwild reiben ihr Geweih zum Abstreifen der Basthaut an Jungpflanzen. Darüber hinaus fegen Rehböcke in den Sommermonaten auch zur Reviermarkierung. Durch das Reiben des Geweihs an den Jungbäumen wird die Rinde dieser verletzt und abgestreift, wodurch die betroffene Pflanze meist abstirbt oder einen erheblichen Wuchsschaden erleidet. Beide Wildarten bevorzugen dabei Baumarten, die im Jugendstadium einen flexiblen Stamm aufweisen und im entsprechenden Gebiet eher selten vorkommen. Besonders beliebt sind Lärchen, Douglasien und Tannen sowie die meisten Laubgehölze.

Schutzmaßnahmen

Damit seltene Mischbaumarten ungehindert aufwachsen können sind neben jagdlichen Maßnahmen meist auch Einzelschutzmaßnahmen notwendig. Dazu zählt das Anbringen von Fege- und Verbissschutzhüllen, Einzelschutzgittern, Fegeschutzspiralen, Stachelbäumen und Holzpflöcken sowie das Verstreichen mit Verbissschutzmitteln. Auch das gänzliche Besprühen des Stammes der Pflanzen mit Trico hilft oft zur Vermeidung von Fegeschäden. Gegen Sommerverbiss hilft vor allem das lockere Anbringen von Schafwolle am Terminaltrieb sowie der Schutz mittels Einzelschutzgitter oder flächiger Umzäunung von besonders gefährdeten Kulturen. Im Zuge der Kultur- und Dickungspflege sollten beim Wild beliebte Straucharten, wie z.B. Weiden und Vogelbeeren als sogenanntes Prossholz belassen werden. Diese Hölzer werden bevorzugt verbissen und gefegt und dienen somit als eine Art Ablenkgehölz von den wirtschaftlich gewünschten Baumarten. Die effizienteste und kostengünstigste Maßnahme ist jedenfalls eine intensive Bejagung der schadenverursachenden Wildarten. Laut österreichischem Wildeinflussmonitoring ist der durch Wild verursachte Schaden in vielen Bezirken als stark einzustufen. Von Seiten der Jagd ist bei den Abschusszahlen daher jedenfalls noch ausreichend Luft nach oben.

Die Vermeidung von Verbissschäden ist die Basis für einen erfolgreichen Waldumbau. Bereits geringer Verbissdruck von Mischbaumarten über mehrere Jahre kann zu einer Entmischung von Naturverjüngungen und Aufforstungen führen. Daher sollten rechtzeitig geeignete Maßnahmen zum Kulturschutz umgesetzt werden. Ein gutes Einvernehmen und eine intensive Zusammenarbeit mit den örtlichen Jägern erleichtert deren Umsetzung wesentlich. Im Optimalfall übt der Waldbauer die Jagd auf seinen Waldflächen selbst aus und kann so effizienten Kulturschutz und nachhaltige jagdliche Nutzung seines Eigentums vereinen. Die Vermeidung von selektivem Verbiss wird zukünftig jedenfalls an Bedeutung gewinnen.

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