Holz nutzen oder Holz sparen?

Artikel aus Ausgabe 4/2022

Zu welchem Typ gehören Sie? Zu den gewieften Taktierer:innen, die erst ab einem „gerechten“ Preis nutzen – oder eben nicht? Zu denen, die eigentlich jedes Jahr eine gewisse Holzmenge schlägern? Oder zu denen, für die der Preis Nebensache ist, weil sie ohnehin keine Zeit haben oder kein Geld brauchen?

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Ausgabe: 4/2022
Thema: Wald & Wirtschaft
Bundesland: Österreich
Autor:in: DI Dagmar Karisch-Gierer

Betrieb Musterwald

Waldfläche: 48 ha
Holzbringung mit Traktor und
Seilwinde
Forsteinheitswert: 9.600 €
Gesamteinheitswert: 25.000 €
nachhaltiger Einschlag: 290 efm
(85 % Fichte, 10 % Lärche, 5 % Tanne)

Zugegeben, diese Einleitung ist etwas schwarz-weiß gehalten, und natürlich gibt es wesentlich mehr Gründe, die für oder gegen die Durchführung einer Nutzung sprechen: waldbauliche Zielsetzungen und Dringlichkeiten, Käferprobleme, vorhandene Arbeitskapazitäten und vieles mehr. Aber legt man das Augenmerk auf die Betriebswirtschaft – und nach 20 Jahren Beschäftigung mit ökonomischen Fragen im Kleinwald – lassen sich doch im Wesentlichen drei Typen von Kleinwaldbesitzer:innen identfizieren. Wie kommt das? Welche Folgen haben ihre unterschiedlichen Strategien?
Sollte das Einkommen aus dem Wald für Sie nicht wichtig sein, können Sie jetzt getrost weiterblättern. Sollten Sie sich von Ihrem Wald aber nicht nur Jagdglück und Holzzuwachs erwarten, sondern auch einen nachhaltigen finanziellen Ertrag, sehen wir uns die wirtschaftlichen Zusammenhänge gemeinsam ein bisschen näher an.

Musterwald in Zahlen

Die Basis dieser Betrachtungen ist ein durchschnittlicher land- und forstwirtschaftlicher Mürztaler Betrieb – der Betrieb Musterwald. Herr und Frau Musterwald fragen sich:
• Welches Einkommen kann aus dem Betrieb nachhaltig lukriert werden?
• Wie wirkt es sich aus, wenn mehr oder weniger Holz genutzt wird?
• Was passiert, wenn Bäume brechen und/oder Käfer knabbern?

Für die Beantwortung dieser Fragen hat Familie Muster eine gute Basis – nicht nur Vermutungen und Schätzungen, sondern auch Betriebsaufzeichnungen über
• im Wald geleistete Familien-Arbeitsstunden,
• Laufzeiten der betriebseigenen Maschinen,
• erzeugte Erntefestmeter und
• Einnahmen und Ausgaben.

Je nachdem, wofür die Aufwendungen angefallen sind, werden sie der Holzernte, dem Waldbau, den Straßen und Wegen (Anlagen) oder der Verwaltung des Waldes zugeteilt und zwecks besserer Vergleichbarkeit auf den einzelnen Erntefestmeter heruntergerechnet. Die Arbeitsstunde wird mit 13,00 € (angelehnt an den Forstfacharbeiter-KV) bewertet.

Das ergibt dann folgendes Bild:
Kosten je Erntefestmeter (efm) für Holzernte (in Eigenregie): 28,00 €/efm
Waldbau: 3,70 €/efm
Anlagen: 2,83 €/efm

Hier unterstellen wir, dass diese Kosten unabhängig vom Jahreseinschlag je Festmeter einigermaßen gleich bleiben. Dazu kommen noch Verwaltungskosten, in unserem Beispiel die Arbeitszeit für Weiterbildungen, Behördengänge u. ä., Kosten für Büro, Telefon und v. a. die Abgaben vom Einheitswert (Sozialversicherung, Grundsteuer, Kammerumlage; anteilig für den Wald). In Summe sind das ca. 6.500 € (davon rund 4.500 €, Abgaben vom Einheitswert), die jedes Jahr anfallen – egal ob Holz genutzt wird oder nicht. Einkommenssteuer und Umsatzsteuer bleiben im pauschalierten Betrieb außer Betracht, alle Beträge sind Brutto-Beträge.

Herr und Frau Musterwald betrachten drei Einschlagsstrategien:
• 290 efm (= 6,0 efm/ha bzw. 7,1 vfm/ha)
• 360 efm (= 7,5 efm/ha bzw. 8,8 vfm/ha)
• 120 efm (= 2,5 efm/ha bzw. 2,9 vfm/ha)

Wie entwickeln sich die Kosten?

Die beiden Hauptkostenblöcke sieht man auf den ersten Blick: Holzernte und Verwaltung. Für alle, die glauben, sich mit Einsparungen in Waldbau und Anlagen „gesundsparen“ zu können: Das Geld wird anderswo gehoben oder versenkt.

1. Holzernte: Das Gelände an sich ist nicht zu ändern, die Bestände auf die Schnelle auch nicht. Betriebsmittel können geschickt eingekauft werden, machen aber nur einen eher geringen Teil der Kosten aus. Der Hund liegt meist in der Maschinenausstattung begraben. Ein Krananhänger, gekauft um 35.000 € und 15 Jahre lang im Einsatz, kostet bei einer jährlichen Auslastung von 350 Stunden rund 15,50 € pro Stunde. Im Kleinwald liegt die Auslastung aber meist eher im Bereich von 30 Stunden – oder noch weniger. Dann kostet derselbe Kranwagen allerdings über 110 € je Stunde. Anders ausgedrückt: Fährt man damit 6 Festmeter Holz eine Stunde lang herum, kostet das fast 20 € pro Festmeter! Damit ist an dieser Stelle zum Thema Maschinenkosten zwar längst nicht alles, aber schon sehr vieles gesagt.

2. Verwaltungskosten: Diese, v. a. die Abgaben vom Einheitswert, sind im pauschalierten Betrieb ziemlich unabhängig von Holzeinschlag bzw. Einnahmen. Je mehr Holz geschlägert wird, desto günstiger gestalten sich die Kosten je Erntefestmeter. Je weniger Holz geschlägert wird, desto mehr muss der einzelne Festmeter an Ausgaben finanzieren.

Welcher Deckungsbeitrag (Erlös abzüglich aller Kosten) bleibt Familie Musterwald nun beim aktuellen durchschnittlichen Holzpreis von 105 € (brutto) in den einzelnen Varianten? Abhängig von der Einschlagshöhe erbringt der einzelne Festmeter einen Deckungsbeitrag von rund 20 € (bei 120 efm), 48 € (290 efm) bzw. 53 € (360 efm). Nun wissen wir aber aus leidvoller Erfahrung: Schlimmer geht´s immer – der durchschnittliche Brutto-Holzpreis der Jahre 2016 – 2020 lag bei rund 70 €. Bei Kalamitäten liegt er auch einmal bei rund 55 €. Wie sieht es dann aus? Im täglichen Leben ist allerdings eher das verfügbare Gesamteinkommen interessant, das auch den kalkulatorischen Unternehmerlohn beinhaltet. Wieviel kann der Wald denn nun insgesamt zum Familieneinkommen beisteuern? Je nach Holzeinschlag und Preissituation zahlen Herr und Frau Musterwald 850 € zum Wald dazu oder lukrieren ein Einkommen von bis zu 27.000 € im Jahr! Der erzielbare Stundensatz liegt zwischen -4 € am unteren Ende und 43 € am oberen Ende der Skala.

Mensch denkt, Wind lenkt?

Nun hat man den Zeitpunkt der Nutzung und die genutzte Holzmenge leider nicht immer in der Hand – Wind, Käfer und andere Ereignisse werfen Berechnungen und Planungen nur zu oft über den Haufen. Aber ist das ein Grund, lieber gleich gar nicht zu rechnen, weil es ja doch anders kommen kann? Vielleicht hilft dabei folgende Überlegung. Wer rechnet weiß, welches Einkommen er erwarten kann – oder anders betrachtet, auf welches Einkommen er möglicherweise verzichtet. Und das vielleicht über mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte.

Auch unser Musterwald hat Nachbarn, darunter einen sehr ähnlichen Betrieb. Dessen Besitzer – ein gewiefter Taktierer – wartet seit fünf Jahren auf einen ihm genehmen Holzpreis, der dummerweise nie erreicht wird. Im Taktiererwald fallen, auch wenn gar nicht genutzt wird, trotzdem Kosten, vor allem die Abgaben vom Einheitswert, an – nehmen wir an, rund 5.200 € pro Jahr. Nun vergleichen wir Musterwald und Taktiererwald zu „Normalbedingungen“ – Einschlag 290 Festmeter und Holzpreis 70 €. Im Musterwald bringt die nachhaltige Nutzung jährlich rund 10.500 €, der Taktiererwald dagegen kostet 5.200 € – das ergibt eine Differenz von 15.700 € zwischen den beiden Betrieben und summiert sich über fünf Jahre auf 78.500 €!

Die Schlussfolgerungen für Ihren Betrieb darf ich Ihnen überlassen. Rechnen ist zugegeben eine trockene Materie, aber dennoch notwendig, um wirtschaftlich auf gesundem Kurs steuern zu können.

Je höher der Holzeinschlag ist, desto geringer ist die Gesamtkostenbelastung pro Festmeter und umgekehrt.

Kennt man die Zusammenhänge zwischen Kosten, Erlösen und Einschlagsverhalten, zeigt sich die Bandbreite der Möglichkeiten.

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