Freunde und Feinde des Buchdruckers

Artikel aus Ausgabe 3/2024

Der Buchdrucker ist ein ökonomisch und ökologisch bedeutender Forstschädling, da dieser großflächig Fichtenwälder befällt und in Folge zum Absterben bringen kann. Auf der Suche nach wirksamen Bekämpfungsmethoden richtet sich nun der Blick auf die Mikroorganismen, mit welchen der Käfer vergesellschaftet ist.

Die Fichte steht durch den Buchdrucker (Ips typographus) unter enormem Druck. Mehrere Windwurf- und Schneedruckereignisse in den letzten Jahren führten zu einem massenhaften Anstieg der Populationsdichten dieses Käfers im Süden Österreichs, Südtirols und anderen Regionen in Norditalien. Zudem führten zunehmende Trockenheit und steigende Temperaturen aufgrund des Klimawandels in den letzten Jahren zu einer Schwächung der Bäume, was sich in einer reduzierten Resistenz gegen Schädlingsbefall niederschlägt. Zusätzlich profitiert der Buchdrucker von höheren Temperaturen, da er sich dadurch schneller entwickeln und vermehren kann. Dies führte zu den aktuellen Massenvermehrungen. Bisher wurden keine wirksamen Mittel gegen den Buchdrucker gefunden und auch natürliche Fressfeinde können die Populationen nicht nachhaltig reduzieren. Nun rücken die vielfältigen Mikroorganismen des Käfers, vor allem Bakterien, in den Fokus.

Bakterien des Buchdruckers

Bakterien spielen eine wichtige Rolle in der Biologie von Insekten, wobei sie sowohl negative als auch positive Auswirkungen haben können. Bakterien können als Krankheitserreger oder durch Manipulation des Verhaltens das Überleben des Insekts gefährden. Gleichzeitig sind sie vor allem im Verdauungstrakt unverzichtbare Symbionten, da sie bei der Verdauung des Pflanzenmaterials helfen. Eine gemeinsame Studie unserer Arbeitsgruppe an der Freien Universität Bozen mit Kolleg:innen der Boku Wien und der Universität Padua konnte zeigen, dass das Mikrobiom des Buchdruckers sehr variabel ist. Dabei unterschieden sich nicht nur weit entfernte, sondern auch geographisch nahe Populationen. Allerdings konnten wir zwei Bakteriengruppen identifizieren, Erwinia und Pseudoxanthomonas, welche in fast allen Käfern präsent waren. Dies deutet darauf hin, dass sie essenzielle Bakterien des Buchdruckers sind. Zudem gab es einige Bakterien, die in vielen Buchdruckerpopulationen vorkamen, jedoch mit unterschiedlicher Häufigkeit, was uns einen Hinweis auf ihre Rolle während der Massenvermehrungen gibt.

Der Effekt des Mikrobioms auf den Buchdrucker selbst ist noch nicht vollständig geklärt. Einige Bakteriengruppen werden als potenziell schädlich für Insekten angesehen. Ihr tatsächlicher Einfluss auf die Fitness des Käfers ist jedoch noch nicht geklärt. Auf der anderen Seite konnte eine Arbeitsgruppe der Universität Salamanca (Spanien) eine wichtige metabolische Aufgabe im Käferdarm nachweisen. Alle aus dem Darm isolierten Bakterien konnten komplexe Moleküle aufspalten und somit dem Käfer zugänglich machen. Dadurch steht dem Käfer eine weitere Kohlenstoffquelle zur Verfügung. Von fast größerer Relevanz ist allerdings die zweite Entdeckung der spanischen Kolleg:innen. Über 80 % der isolierten Bakterien hatten eine anti-fungizide Wirkung gegen mindestens eine pathogene Pilzart. Diese Bakterien kamen am häufigsten in den Larven vor, was bedeutet, dass diese am besten gegen entomopathogene Pilze geschützt waren. Der positive metabolische Effekt war hingegen in adulten Käfern am größten.

Einfluss des Mikrobioms

Im Verlauf des Lebenszyklus und zwischen nachfolgenden Generationen bleibt die Bakteriengemeinschaft hinsichtlich der vorkommenden Bakterien relativ konstant. Es verändern sich vielmehr die Anteile der einzelnen Gruppen an der Bakteriengemeinschaft, wie Kolleg:innen aus Prag (Tschechien) herausfinden konnten. Eine wichtige Abweichung gibt es allerdings, wie wir in unserer Studie zeigen konnten: Wir verglichen Käfer, die wir im Sommer und während der Überwinterung gesammelt hatten und konnten einen deutlichen Unterschied in den vorkommenden Bakterien feststellen. Dies deutet auf eine Rolle der Bakterien während der Überwinterung hin. Die genauen Mechanismen sind aber noch ungeklärt.

Die Arbeit der tschechischen Forscher:innen zeigte auch, dass die Zusammensetzung des Mikrobioms größtenteils durch die Umwelt bestimmt wird. Die Bakteriengemeinschaft des Käfers spiegelte die Bakteriengemeinschaft seiner Nahrung, des Bastes wider. Jedoch gibt es auch erste Hinweise für eine aktive Weitergabe des Mikrobioms von der Mutter an ihre Nachkommen. Kolleg:innen aus Jena (Deutschland) konnten dokumentieren, wie ein Borkenkäferweibchen nach der Eiablage diese mit vorgekauter Rinde bedeckt. Dadurch kommen die Eier in Kontakt mit dem mütterlichen Speichel, wodurch eine Übertragung ihrer Bakterien an die Larven möglich wird. Dies zeigt, dass das Weibchen aktiv Bakterien auf die Nachkommen überträgt, was unsere Hypothese über die Bedeutung von Bakterien in der Ökologie des Buchdruckers bestätigt. Weitere Forschung ist notwendig, um die ökologischen Auswirkungen dieser Bakterienweitergabe zu untersuchen. Möglicherweise führt diese zu einer noch engeren Gemeinschaft zwischen Bakterien und Buchdruckern und einer höheren Fitness des Käfers.

Pilze, Milben, Nematoden

Der Buchdrucker ist nicht nur mit Bakterien, sondern auch mit zahlreichen Bläuepilzen, die das Holz verfärben, vergesellschaftet. Etwa 40 verschiedene Arten dieser ophiostomatoiden Pilze wurden in Europa nachgewiesen. Dabei ist die Pilzgemeinschaft des Käfers je nach Standort variabel. Käfer und Pilz können selbständig leben, allerdings bietet die Gemeinschaft für beide Akteure Vorteile. Da die Pilze selbst nicht durch die Rinde wachsen können, sind sie auf Käfer angewiesen, um ins Phloem zu gelangen. Einige Pilzarten haben dafür klebrige Sporen entwickelt, die auf dem Käfer haften und so bei dessen Ausflug zu neuen Bäumen transportiert werden.

Gleichzeitig gelingt es dem Buchdrucker gesunde Bäume einfacher zu überwältigen, wenn sie von Pilzen befallen werden. Die Pilze schwächen die Abwehrreaktion der Bäume, indem sie Abwehrsubstanzen unschädlich machen, Nekrosen auslösen und die Reserven des Baumes auslaugen. Der Baum hat schließlich zu wenige Ressourcen, um sich gegen den simultanen Pilz- und Käferbefall zu wehren. Dieser Effekt ist besonders stark, wenn die Bäume unter Trockenstress leiden, wie Kolleg:innen der Boku Wien zeigen konnten. Nach erfolgreicher Besiedlung wachsen die Pilze bis ins Bauminnere, von wo aus sie Nährstoffe zurück ins Phloem transportieren. Dadurch werden diese den Larven und adulten Käfern zugänglich gemacht. Zudem sind die Pilze möglicherweise eine zusätzliche Quelle von Aminosäuren und Vitaminen. In unserem aktuellen Projekt untersuchen wir die Rolle von Pilzen in der derzeitigen Massenvermehrung in Süd- und Osttirol.

In unseren Untersuchungen konnten wir auch eine Vielzahl von Fadenwürmern (Nematoden) und Milben finden, die mit dem Buchdrucker assoziiert sind. Es ist wenig erforscht, ob das Zusammenleben für den Käfer einen Vorteil oder Nachteil bietet. In einer neuen Studie unserer Arbeitsgruppe wollen wir die Zusammensetzung dieser Organismen und deren Rolle in die Entwicklung des Buchdruckers genauer erforschen. Über das Zusammenspiel all dieser Arten ist noch wenig bekannt, es wird aber deutlich, dass diese sich gegenseitig stark beeinflussen. Verstehen wir dieses Wechselspiel besser, könnten sich dadurch neue Möglichkeiten für Forstschutzmaßnahmen gegen den Buchdrucker ergeben.

  • Borkenkäfer
  • Forstschutz
Österreichisches Borkenkäfer-Monitoring
Zuerst 1, dann 10, dann 100 Borkenkäfer in der Pheromonfalle. Jetzt ist die Zeit gekommen, regelmäßig im Wald auf Kä...
  • Borkenkäfer
  • Forstschutz
Forstschutzrisiko durch Einzelwürfe