Forstliche Faustzahlen

Artikel aus Ausgabe 2/2022

Was sind forstliche Faustzahlen, welche wichtigen Faustzahlen gibt es und wozu werden sie benötigt? Das Buch soll als erster Anlaufpunkt für Informationen dienen, egal ob für landwirtschaftliche Waldeigentümer:innen, urbane Waldbesitzer:innen, Schüler:innen oder interessierte Personen.

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Ausgabe: 2/2022
Thema: Wald & Wirtschaft, Waldbewirtschaftung
Bundesland: Österreich
Autor:in: DI Stefan Heuberger, DI Paul Prenner

Der Wald nimmt in seinen Funktionen einen immer bedeutungsvolleren Stellenwert für die Gesamtbevölkerung ein. Sei es der Schutz vor Naturgefahren, die Erholung, die Versorgung mit Trinkwasser oder auch der wirtschaftliche Nutzen des Einzelnen. In all diesen Fällen ist es notwendig, über die grundlegenden Zusammenhänge im Wald Bescheid zu wissen.

So wie die Vielzahl der Waldfunktionen unterscheiden sich auch die Besitzer. Dieser Unterschied bezieht sich unter anderem auch auf die typischen Informationsquellen, die für die Waldbewirtschaftung verwendet werden. Und genau auf diese Fülle von unterschiedlichen Waldeigentümern zielen die forstlichen Faustzahlen ab.

Für eine korrekte, gewinnbringende Waldbewirtschaftung ist es gleichermaßen notwendig, über die einzelnen forstlichen Arbeiten und ihre Kosten, die zu erwartende Holzmenge sowie technischen Voraussetzungen (Kraftbedarf, Ausstattung mit Forststraßen) informiert zu sein. Der erzielte Erlös ist einerseits von der Qualität, der Menge und der Dimension des verkauften Holzes abhängig. Dem gegenüber stehen die Holzerntekosten, welche stark vom Verfahren abhängig sind. Daraus ergibt sich wiederum der Deckungsbeitrag, welcher für neue Investitionen in den Wald (z. B. Jungwuchspflege) herangezogen werden kann.

In der Forstwirtschaft spricht man hier auch oft vom ominösen Götterblick, der auf die gute Einschätzungsgabe nach jahrelanger Erfahrung hinweist. Wenn jedoch diese vermeintliche Fähigkeit noch nicht vollständig erworben wurde, kann eine Faustzahl einen guten Anker für die Annäherung bieten.

Aufbau des Handbuches
Das handliche Format und der inhaltliche Umfang sind auf die Praxiseinsätze im Wald abgestimmt. Das Handbuch ist ein ständiger Wegbegleiter bei den Arbeiten im Gelände und ermöglicht es Neueinsteigern den Ausführungen intuitiv zu folgen. Alle Formeln sind mit Praxisbeispielen im seitlichen Infokasten dargestellt und zeigen einen direkten Anwendungsfall. Inhaltlicher Beginn ist die Ermittlung der Waldfläche. Im folgenden Kapitel werden die einzelbaumbezogenen Faustzahlen behandelt. Diese bilden die Basis für den Übergang in die wesentlich praxisrelevanteren, bestandesbezogenen Annäherungswerte. Nach dem Leitspruch „Waldbau folgt dem Wegebau“ werden im nächsten Abschnitt die Kennzahlen für die Erschließung der Wälder genannt. Im Anschluss beleuchten die Faustzahlen für die Waldpflege und Holzernte die Grundlage für jegliche Vorkalkulationen. Der Kreis schließt sich im letzten Kapitel mit den betriebswirtschaftlichen Kenngrößen. Einen wesentlichen Bestandteil des Nachschlagewerkes bilden die Faustzahlen für Produktivitäten und durchschnittliche Kosten im Anhang.

Holzvolumina – Vorratsfestmeter
Die einfachste und bekannteste Formel für den Einzelbaum ist noch immer die Schätzformel nach Denzin, welche das Volumen in Vorratsfestmetern schätzt:

V [Vfm]=(BHD [cm]²)/1.000

Damit ein Baum ein Volumen von ungefähr einem Vorratsfestmeter aufweist, ist demnach ein Brusthöhendurchmesser von ca. 32 cm erforderlich. Da das Volumen zum Quadrat steigt, ist bei einer Durchmesserzunahme von ca. 13 cm (BHD = 45 cm) bereits mit zwei Vorratsfestmetern zu rechnen.

Durchforstung – Z-Baumabstand
Für die waldbauliche Behandlung zukünftiger Bestände können Faustzahlen zur Stammzahlenhaltung, Stabilität und Z-Baumabstände eine Hilfestellung geben.
Speziell Laubbäume mit dem angestrebten Ziel der Wertholzproduktion benötigen im Endbestand viel Platz um eine vitale, große Krone entwickeln zu können. Ein zu geringer Abstand der Zukunftsbäume kann später jedoch nicht mehr korrigiert werden und wirkt sich ab der halben Umtriebszeit negativ aus. Hier ist die Faustformel

Z-Baumabstand [m] = (Zieldurchmesser (cm))/4

sehr wertvoll.
Ein Zieldurchmesser von 50 cm für Laubholz ergibt somit einen Baumabstand von 12,5 m. Diese Formel hat jedoch nur Gültigkeit bei Laubbäumen und erreicht bei einem Zieldurchmesser von 60 cm ihren Maximalwert.

Produktivität – Zaunbau
Einteilung ist alles! Um nicht Gefahr zu laufen, den Zeitbedarf für Projekte zu unterschätzen, kann mit Faustzahlen überschlagsmäßig errechnet werden. Auf dieser Grundlage kann entschieden werden, ob Fremdarbeitskräfte nötig sind oder ob die Arbeit alleine zu bewerkstelligen ist.

Beispielsweise könnte so der Arbeitszeitbedarf für die Errichtung eines Zaunes abgeschätzt werden. Bei guten Arbeitsbedingungen hinsichtlich Gelände, Boden und Bewuchs benötigt eine 2-Personen-Gruppe einen Arbeitstag mit acht Stunden, um 100 m rehwildsicheren Zaun herzustellen. Um einen Hektar zu zäunen, werden je nach Flächenform mindestens 400 lfm Zaun benötigt. Daraus ergibt sich eine Gesamtarbeitszeit von etwa vier Arbeitstagen, wenn die vorher beschriebenen Bedingungen zu Grunde liegen.

Kosten – Zaunbau
Nicht die Arbeitszeit und die Produktivität alleine sind relevante Kenngrößen, auch die Kosten spielen eine entscheidende Rolle für die betriebswirtschaftlichen Überlegungen und müssen unbedingt in den Variantenvergleichen einbezogen werden. Landläufig heißt es in den Betrieben: „Wer schreibt, der bleibt!“ Um nicht ohne jegliche Grundlage vorzugehen, können wiederum Faustzahlen eine erste Einschätzung ermöglichen.

Ein Zaun, welcher die Kultur vor Rehwild schützt, kostet ungefähr acht Euro pro Laufmeter. Dieser Preis beinhaltet die Materialkosten und den Aufwand für die Arbeit. Im vorher genannten Beispiel würden die Kosten, um einen Hektar mit einer Gesamtlänge von 400 Laufmeter einzuzäunen, 3.200 € betragen. Werden die Kosten des Zaunes betriebswirtschaftlich der Jagdpacht gegenübergestellt, dauert es 640 Jahre bei einem angenommen Pachtpreis von 5 €/ha, um die Zäunung der Fläche über die Pachteinnahmen zu amortisieren.

Info

Die forstlichen Faustzahlen basieren auf Erfahrungswerten und sollen in prägnanter und einfacher Form die wichtigsten Kennzahlen und Formeln umreißen, die für eine sinngemäße Waldwirtschaft notwendig sind. Sie dienen dazu, einzelne Bäume als auch Waldflächen hinsichtlich der verfügbaren Holzmenge zu charakterisieren und Vorkalkulationen für forstwirtschaftliche Arbeiten zu erstellen. Egal, ob der Wald selbständig bewirtschaftet wird oder die Bewirtschaftung durch ein Unternehmen erfolgt – für ein wirtschaftlich korrektes Vorgehen ist das Wissen über die Zusammenhänge im Wald essenziell.
Erhältlich: www.bfw.ac.at/webshop 

„Eine gute Schätzung ist meist besser als eine ungenaue Messung! Faustzahlen bilden den geistigen Anker für die Überprüfung von Ergebnissen auf ihre Plausibilität!

Dip.-Ing. Stefan Heuberger

„Egal, mit welchem Wissensstand man startet – das Handbuch dient als Informationsquelle, um die Bewirtschaftung des Waldes gewinnbringend umsetzen zu können.​“

Dip.-Ing. Paul Prenner

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