Wenn Borkenkäfer Fichten befallen, so beginnt das meistens im mittleren Kronenbereich. Die ersten Käfer senden beim Einbohren Duftstoffe aus, die weitere Käfer anlocken, und die neu ankommenden Käfer wandern immer weiter nach unten am Baum, um ihre Rammelkammern und die Brutgänge unter der Rinde anzulegen. Daher verlieren diese befallenen Bäume als Erstes im Kronenbereich und später am gesamten Stamm die Rinde. Werden im zeitigen Frühjahr beziehungsweise Frühsommer Fichten befallen, so können die Kronen durchaus schnell rot werden sowie die Nadeln verlieren und diese Käferbäume sind weithin sichtbar. Bei einem späteren Befall durch die zweite oder eine dritte Käfergeneration, insbesondere gegen den Herbst hin, bleiben die Kronen der befallenen Fichten oft bis weit in den Winter hinein grün. Dadurch ist es äußerst schwierig, Stehendbefall zu einem späteren Zeitpunkt aus weiteren Entfernungen zu erkennen. Auffällig ist auch, dass nach einem stärkeren Borkenkäferjahr den gesamten Winter über immer wieder Fichten auftreten, die plötzlich rot werden und die Nadeln verlieren.
Osttirol und Oberkärnten schwer betroffen
So geschehen auch im vergangenen Jahr in Salzburg in allen Höhenlagen. Die hohen Temperaturen ab Mitte Mai 2022 haben den Borkenkäfern bis in Höhenlagen von 1.700 m Seehöhe die Entwicklung einer zweiten Generation erlaubt. Zahlreiche der im letzten Jahr entstandenen Käfernester zeigen augenscheinlich diese Entwicklung. Von diesen kleinen Käfernestern ausgehend, kann sich eine Kalamität entwickeln, die letztendlich nur sehr schwer einzudämmen ist. Die Schadflächen in Oberkärnten und Osttirol sind ein sehr gutes Beispiel dafür. Durch das Sturmereignis im Jahr 2018 sowie durch den großen Schneedruck 2019 haben sich die Borkenkäfer zuerst im Schadholz vermehrt, um später für den gesamten dortigen Gebirgswald zu einem großen Problem zu werden.
Überalterte Bestände stärker befallen
Bei derartigen Vermehrungsraten der Käfer konnte weder die zeitgerechte Vorlage von mehreren tausend Festmetern Fangbäumen noch eine intensive Aufarbeitung frisch befallener Bäume die Ausbreitung der Schäden verhindern. Auffällig bei den derzeitigen Waldbildern in Osttirol sind einzelne Fichten innerhalb von borkenkäfergeschädigten Beständen, die nicht befallen wurden. Ob sie sich auch weiterhin erfolgreich gegen die Borkenkäfer wehren können, muss sich aber erst zeigen. Ebenso kaum oder nicht befallen werden jüngere Fichtenbestände, während überstarke und überalterte Bäume bevorzugt dem Borkenkäfer zum Opfer fallen. Langfristig ist es daher von besonderer Bedeutung, laufend eine Verjüngung des Waldes vorzunehmen. Vordringlich ist dabei in großen Altholzkomplexen durch Holznutzungen die Verjüngung vorzubereiten. Ob dies durch eine gleichmäßige Vorlichtung oder durch Femelhiebe in Form von kleinen, flächigen Nutzungen vorgenommen wird, ist nach den standörtlichen Verhältnissen zu entscheiden.
Frühjahr sofort zur Kontrolle nützen
Jedenfalls entsteht dadurch ein Mosaik an unterschiedlichen Altersklassen mit höheren Anteilen von jungen und mittelalten Beständen, die auch in Schadsituationen die Wirkungen des Waldes aufrechterhalten können. Kurzfristig ist es weiterhin wichtig, im Frühjahr alles frische und damit bruttaugliche Fichtenholz zeitgerecht aus dem Wald zu verbringen, im Sommer den Wald auf frischen Stehendbefall zu kontrollieren und das befallene Holz möglichst rasch aufzuarbeiten und abzufahren.
Was das derzeitige Jahr betrifft, ist die Entwicklung der Borkenkäferschäden unterschiedlich zu beurteilen. Die tiefen Temperaturen und der viele Niederschlag bis Mitte Mai haben dem Wald gut getan und die erste Käfergeneration um einige Wochen verschoben.
Im Norden des Landes fehlt derzeit einiges an Niederschlag und die ersten Käfernester tauchen bereits auf. Innergebirg ist der Wald sehr gut mit Wasser versorgt. Hier ist aber Vorsicht geboten, weil sich im vergangenen Jahr ein erhöhter eiserner Bestand an Borkenkäfern entwickelt hat. Insofern ist landesweit eine intensive Kontrolle auf Stehendbefall angesagt.