Historische Waldnutzungen und Schadstoffeinträge führten vielerorts zu Degradationen, aber auch sekundäre Fichtenreinbestände, besonders in tieferen Lagen, verschlechterten die Humusdynamik durch Versauerung des Oberbodens. Früher wurden Waldböden in manchen Regionen durch Streunutzung übermäßig beansprucht. Dabei entnahm man den Auflagehumus, aber auch grüne Zweige und Äste („Schneitelung“), und damit Nährstoffe, um sie in der Landwirtschaft als Einstreu und als Futter für das Vieh zu nutzen. Diese im Alpenraum weit verbreitete Praxis führte langfristig zur Verarmung der Böden, da essenzielle Nährstoffe nicht mehr in den natürlichen Kreislauf zurückgeführt wurden. „Besonders in Regionen mit intensiver Streunutzung zeigt sich bis heute eine verringerte Bodenfruchtbarkeit, was die Verjüngung und das Wachstum von Mischbaumarten erschwert. Die Folgen dieser Eingriffe sind, obwohl schon längst vor Jahrzehnten erloschen, auch heute noch sichtbar und beeinflussen die Vitalität vieler Wälder“, erklärt Ernst Leitgeb, Institutsleiter am Bundesforschungszentrum für Wald, der bei der Erstellung der Broschüre „Gesunde Waldböden“ beteiligt war.
Flächige Versauerung und langfristige Verarmung
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts führten Schadstoffeinträge aus Industrie und Verkehr – insbesondere Schwefel- und Stickoxide – zur zunehmenden Versauerung der Waldböden. In Kombination mit der Auswaschung von Nährstoffen hatte dies eine langfristige Bodenverarmung zur Folge, wodurch viele Wälder anfälliger für Krankheiten, Schädlinge und Umweltstress wurden. Dank gesetzlich verankerter Luftreinhaltemaßnahmen konnten die Schwefeldioxidemissionen und damit die Säureeinträge in die Wälder erheblich reduziert werden. Die Stickstoffemissionen hingegen, die nicht nur versauernd, sondern auch eutrophierend (nährstoffanreichernd) wirken, sind seit den 1980er Jahren weitgehend unverändert. Dies hat bis heute Nährstoffungleichgewichte im Boden und eine schwindende Artenvielfalt zur Folge.
Sanierungsmaßnahmen für resiliente Waldböden
Langfristig ist es für die Stabilität von Wäldern entscheidend, den ausgewogenen Nährstoffkreislauf zu erhalten und Waldböden als lebendiges Ökosystem zu schützen. Das wird jedoch im Zuge des Klimawandels immer schwieriger. Längere Trockenperioden verringern ihre Vitalität. Gleichzeitig nehmen Extremwetterereignisse wie Starkregen zu, wodurch das Risiko von Bodenerosion und Nährstoffverlusten steigt. Um die Widerstandsfähigkeit zu stärken, sind eine bodenschonende Bewirtschaftung, eine standortgerechte Baumartenwahl und gegebenenfalls gezielte Sanierungsmaßnahmen erforderlich. Eine der Methoden, die immer wieder fachlich eingehend diskutiert wird, ist zum Beispiel die Kalkung. „Böden von fichtendominierten Beständen auf Laubmischwaldstandorten weisen oft ungünstige Humusverhältnisse und eine saure Reaktion des Oberbodens auf. Hier ist eine standortsangepasste Kalkung und die damit verbundenen sorgfältige Anhebung des pH-Wertes zielführend“, erläutert der Waldbodenexperte Ernst Leitgeb.
Durch eine standortangepasste Kalkung lässt sich die Basensättigung im Boden gezielt erhöhen, wodurch der pH-Wert stabilisiert und damit die biologische Aktivität gefördert wird. Besonders magnesiumhaltige Kalkdünger spielen dabei eine Rolle, da sie der Versauerung entgegenwirken und die Verfügbarkeit von Nährstoffen verbessern. Allerdings ist ein maßvoller Einsatz und die Kenntnis der Boden- und Standortsverhältnisse entscheidend, da eine übermäßige Kalkung unerwünschte Nebenwirkungen auf das Bodenleben haben kann. „Auf manchen Standorten, wie etwa auf flachgründigen Böden mit sandiger Bodenart kann eine Kalkung negative Folgen haben. Auch aus Naturschutzgründen dürfen bestimmte Standorte nicht gekalkt werden. Eine fundierte Standorterkundung und Bodenanalyse sollte immer erfolgen, bevor eine Kalkung des Bestandes vorgenommen wird“, gibt der Leiter des Instituts für Waldökologie und Boden zu bedenken. In der neu überarbeiteten Broschüre „Gesunde Waldböden“ sind diese Standorte eingehend erläutert. Eine Sanierung sollte auch immer durch Standorterkundungen und Bodenuntersuchungen gestützt werden. Standortbefunde und Bodenanalysen, wie zum Beispiel pH-Wert, Basensättigung und Nährstoffversorgung geben Aufschluss darüber, ob eine Sanierung überhaupt erforderlich ist. „Auf jeden Fall sollten waldbauliche Überlegungen in ein allfälliges Sanierungskonzept eingebunden werden“, empfiehlt Ernst Leitgeb.
Vorrang für nachhaltige Bewirtschaftung des Waldbodens
Wer auf standorttaugliche und klimafitte Baumarten und auf Mischbestände setzt, agiert nachhaltig. Laubbaumarten wie Buche und Eiche tragen maßgeblich zur Verbesserung der Bodenstruktur bei, indem sie den Boden tief durchwurzeln und so für eine bessere Durchlüftung und Nährstoffverteilung sorgen. Gleichzeitig fördern sie die Humusbildung, da ihr Laub durch Mikroorganismen leichter zersetzt und rascher in den natürlichen Nährstoffkreislauf eingebunden wird. Eine biologisch aktive Humusauflage sorgt auch für eine gute Durchlüftung des Oberbodens und für eine bessere Speicherung des Niederschlagswassers. Was bedeutet das konkret für die forstliche Praxis? „Der Verbleib von Reisig und Nadeln im Wald trägt maßgeblich zur Nährstoffrückführung bei und unterstützt den natürlichen Kreislauf, da darin besonders viele Nährstoffe enthalten sind. Wenn möglich, sollten daher die grünen Teile der Krone wie Nadeln, Blätter und Grünäste im Wald zurückbleiben. Die Intensität einer ökologisch verträglichen Biomassennutzung hängt von den jeweiligen Standortverhältnissen ab“, rät der Fachexperte Ernst Leitgeb.
Eine gezielte Durchforstung und eine angepasste Lichtsteuerung sind essenzielle Maßnahmen zur nachhaltigen Waldpflege. Durch behutsame Eingriffe in den Bestand wird das Waldklima positiv beeinflusst, indem mehr Licht und Luftzirkulation in den Waldboden gelangen. Dies fördert die Aktivität des Bodenlebens, da Mikroorganismen und Bodenorganismen unter verbesserten Bedingungen effektiver arbeiten können. Infolgedessen wird der Abbau organischer Substanz beschleunigt, wodurch wichtige Nährstoffe freigesetzt und in den natürlichen Kreislauf zurückgeführt werden. So trägt eine durchdachte Waldpflege nicht nur zur Stabilisierung des Ökosystems bei, sondern stärkt auch die langfristige Vitalität des Waldbodens. Auch bei der Planung der Holzernte ist der Waldboden ein wichtiger „Player“. Flächiges Befahren sollte unbedingt vermieden werden, ebenso ist eine Ernte bei hoher Bodenfeuchte unzulässig. Auch für die Größe von flächigen Nutzungen sind Boden- und Standortsverhältnisse limitierend. (red)
Fakten & Details
Die Broschüre „Gesunde Waldböden“ thematisiert eine klimafitte Waldbewirtschaftung auf verschiedenen Standorten. Der Download ist kostenfrei.
Mehr über die BFW-Waldforschung unter: www.bfw.gv.at
Podsole entstehen in stark sauren Böden, wenn Tonminerale zerfallen und gelöste Eisen- und Aluminiumverbindungen in tiefere Schichten wandern. Dadurch kann der Boden Nährstoffe schlechter speichern.