Titschenbacher/Strasser: Nachfolgereglungen für Holzkraftwerke dringend nötig

Okt 17, 2018 | Allgemein

Zwei Drittel der Anlagen stehen vor dem Aus

 Wien, 16. Oktober 2018 (aiz.info). – „Noch heuer müssen Nachfolgeregelungen für Holzkraftwerke gefunden werden“, erneuerten der Österreichische Biomasse-Verband, der Österreichische Bauernbund und über 300 Unternehmen sowie Institutionen ihren Appell an die Bundesregierung. „Trotz des deutlichen Bekenntnisses der Bundesregierung in der Klima- und Energiestrategie zur Bioenergie stehen in Österreich aufgrund fehlender rechtlicher Rahmenbedingungen zahlreiche Holzkraftwerke vor dem Aus“, warnte heute Franz Titschenbacher, Präsident des Österreichischen Biomasse-Verbandes. Den Stellenwert von Bioenergie zeige der heimische „Bioenergy Day“ am 17. Oktober auf. Ab da könnte der gesamte Energiebedarf Österreichs 75 Tage bis Jahresende vollständig mit Energie aus Biomasse abgedeckt werden. „Bei einer konsequenten Umsetzung der Klima- und Energiestrategie könnten wir sogar mehr als die Hälfte des Jahres den Bedarf decken und damit den jetzigen Spitzenreiter Erdöl ablösen“, betonte Titschenbacher.

Mit dem Auslaufen der in der Ökostromtarifverordnung für 13 Jahre garantierten Einspeisetarife hätten laut dem Präsidenten des Biomasse-Verbandes seit Anfang 2017 bis zu zehn Biomasseanlagen in Österreich zugesperrt. Ohne Nachfolgetarife würden bis Ende 2019 zwei Drittel der insgesamt 137 heimischen Anlagen aus dem System fallen. „Für jedes zugesperrte Holzkraftwerk müssen entweder neue gebaut, Strom aus fossilen Energiequellen produziert oder importiert werden. Besonders bedenklich ist, dass bis zu 16% des in Österreich eingesetzten Stroms aus Atomkraftwerken stammen. Strom aus Biomasse bedeutet Versorgungssicherheit, Arbeitsplätze, technologische Innovation, einen Beitrag zur Erreichung der formulierten Klimaziele, Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und Wertschöpfung in der Region. Nachfolgeregelungen für Holzkraftwerke sind daher dringend nötig“, unterstrich Titschenbacher.

Strasser: Borkenkäferholz muss in Richtung Energie kanalisiert werden

Georg Strasser, Präsident des Österreichischen Bauernbundes, verwies auf die aktuelle Borkenkäferkatastrophe in der Forstwirtschaft, in der eine rasche Verwertung des Schadholzes aus hygienischer Sicht erforderlich ist. „Das Holz ist etwa für die Sägeindustrie nicht mehr brauchbar und muss deshalb in Richtung Energie kanalisiert werden“, stellte der Bauernbund-Präsident klar. Besonders in der kalten Jahreszeit, wo andere erneuerbare Energieträger, wie Sonne, Wind etc. weniger Strom produzieren, sei es notwendig, Energie gespeichert zu haben, um etwa nicht so viel Strom aus Atom-, Kohle- und Erdgaskraftwerken beziehen zu müssen. „Der Bauernbund sieht die Biomasse als wichtigen Beitrag zum österreichischen Energiemix. Durch die Holzkraftwerke bietet sich ein zusätzlicher Absatzmarkt für Produkte aus der Land- und Forstwirtschaft. Das Abstellen weiterer funktionsfähiger Anlagen wäre fatal und kostet den ländlichen Raum wichtige Arbeitsplätze“, mahnte Strasser.

Mit dem „Raus aus Öl-Bonus“ und der Sanierungsoffensive habe die Bundesregierung erste wichtige Schritte zur Erreichung der Klimaziele gesetzt. Die Energiewende müsse nun stärker vorangetrieben werden, denn nur die Stromproduktion aus Sonne, Wind, Wasser und Biomasse könne das Ziel sein. „Wir können dieses Vorhaben nur erreichen, wenn wir auf alle zur Verfügung stehenden erneuerbaren Energiequellen setzen, und dazu gehören auch die Holzkraftwerke“, so der Bauernbund-Präsident, der zuversichtlich ist, in der Diskussion mit den Fachverbänden sowie dem „Mastermind“ und Generalsekretär im Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, Josef Plank, eine Lösung zu erzielen.

Politik ist Statement schuldig

Als Unternehmervertreter übte Lukas Schirnhofer, Geschäftsführer des Biomasse-Kesselherstellers Polytechnik, scharfe Kritik. „Nach Jahren des Jammerns von Fachverbänden, Bauernbund und Unternehmen ist endlich ein Statement der Politik angebracht. Seit zehn Jahren tut die Politik nichts anderes als diese Institutionen und Firmen am Haken zu halten.“ Während weltweit Länder ihre Strategien zugunsten der Biomassenutzung ändern würden, gehe das Engagement hierzulande immer weiter zurück. „Die österreichischen Anlagenbauer sind globale Technologieführer bei der Energieerzeugung aus Biomasse und im internationalen Wettbewerb bestens vertreten. Das konnten sie nur erreichen, weil der heimische Markt in der Vergangenheit auch Chancen für neue Entwicklungen geboten hat“, betonte Schirnhofer. Die Situation am Heimmarkt sei derzeit aber sehr enttäuschend, weil neue Biomasseanlagen kaum noch Chancen auf Realisierung bekommen. „In Österreich wurden seit zehn Jahren keine Referenzprojekte bei Biomasse-Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen mehr umgesetzt“, machte Schirnhofer aufmerksam. 98% des Umsatzes von Polytechnik werden nach eigenen Angaben aus dem Export generiert.

Als eine „intelligente Lösung“ betrachtet Schirnhofer, die Papierindustrie in das Ökostromgesetz zu integrieren. „Damit wäre eine wirtschaftliche Hürde weg, da man sich mit dem ersten Ökostromgesetz die Papierindustrie als Gegner geschaffen hat. Das war ein Versäumnis“, merkte der Geschäftsführer von Polytechnik an.

Über 300 Unternehmen und Institutionen haben die „Welser Erklärung zur Holzenergie“ unterschrieben, worin die sechs wichtigsten Argumente für die energetische Holznutzung dargestellt werden.

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