Schadholzaufarbeitung und Schutzwaldpflege notwendig, aber derzeit unrentabel
Innsbruck, 4. Dezember 2019 (aiz.info). – Mindestens 250.000 m3 Schneebruchholz sind durch die massiven Schneefälle in Osttirol angefallen. Diese neuen Mengen treffen auf einen Markt, der mit Windwurf- und Borkenkäferholz aus ganz Mitteleuropa übersättigt ist, was zu einem Preisverfall von fast 40% unter dem Niveau von vor fünf Jahren führt. Zwei Drittel der Tiroler Wälder sind Schutzwälder, deren Pflege aufwendiger als die Bewirtschaftung eines herkömmlichen Waldes ist, die Holzerntekosten aufgrund des meist schwierigen Geländes höher und die Holzqualität geringer. „Wer einen Baum im Schutzwald umschneidet, verliert momentan Geld“, bringt LK-Präsident Josef Hechenberger die angespannte Situation der Waldbauern auf den Punkt. Kein Wunder also, dass der Holzeinschlag seinen 20-jährigen Tiefststand erreicht, wie bei der gestrigen Sitzung des LK-Fachausschusses Forst berichtet wurde. Dabei müssen Schutzwälder laufend bewirtschaftet und verjüngt werden, um die Siedlungsräume vor Lawinen, Steinschlag und Muren zu schützen. „Ohne Schutzwälder wäre unser Land nicht bewohnbar, dementsprechend wichtig ist die Arbeit der Waldbauern. Dafür müssen sie auch bezahlt werden. Holzschlägerungsarbeiten sind außerdem sehr gefährlich, nur gut ausgebildete Fachkräfte können sie im abwegigen Gelände erledigen“, betont Hechenberger.
Arbeiten dringend notwendig
„Trotz der Anstrengungen der letzten Jahre gibt es nach wie vor viel überalterten Schutzwald, der unter anderem aufgrund fehlender Verjüngung infolge überhöhter Schalenwildbestände seine Schutzwirkung nicht im erforderlichen Ausmaß erfüllen kann – konkret sind 250.000 ha verbesserungswürdig, und bei 71.600 ha müssen dringend Verjüngungsmaßnahmen getroffen werden“, erklärt Landesforstdirektor Josef Fuchs. „Der Landesforstdienst Tirol hat daher klare Strategien und Konzepte, wie die Schutzwälder zu bewirtschaften sind und auch an den Klimawandel angepasst werden können. Hinzu kommt der enorme Schadholzanfall der letzten beiden Jahre – insbesondere im Südalpenraum – sowie die Gefahr einer Massenvermehrung des Borkenkäfers. Bisher sind wir davon zumindest in Nordtirol weitestgehend verschont geblieben, das kann sich allerdings bereits im kommenden Frühjahr drastisch ändern.“ In diesem Fall gelte es, schnell zu reagieren. Denn nur, wenn das befallene Holz rasch aus dem Wald geschafft wird, kann eine Ausbreitung des Schädlings verhindert werden. Andernfalls können ganze Waldstriche zerstört werden.
Pflege von Schutzwäldern im öffentlichen Interesse
„Schadholzaufarbeitung und Pflege von Schutzwald sind derzeit dringend notwendig, stellen die Waldbesitzer aber vor finanzielle Herausforderungen“, betont Josef Heim, Vorsitzender des LK-Fachausschusses Forst. Schließlich bleiben bei ständig sinkenden Preisen die Kosten gleich: Pflege, Ernte, Sozialversicherung, Steuern oder die Waldaufseherumlage müssen bezahlt werden. Der Schutzwald ist nicht nur Lebens- und Rückzugsraum für Pflanzen und Tiere, wichtiger Wirtschaftsraum und natürlicher Luft- und Wasserfilter, sondern vor allem für die Sicherheit des Landes von großer Bedeutung. Die Forstwirte halten den Wald gesund, bei dem momentanen Holzpreis wird allerdings jegliche Pflege- oder Erntemaßnahme für den eigenen Betrieb zum finanziellen Verlust. „Der Wald ist für unser Land das günstigste und wirksamste Schutzsystem vor den Kräften der Natur. Die Bewirtschaftung liegt also im öffentlichen Interesse“, findet Heim klare Worte. „Deshalb gilt es, in schwierigen Zeiten wie diesen zusammenzustehen: Ein verpflichtender Holzanteil bei öffentlichen Bauten wäre ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Holzwirtschaft und außerdem gut für die Umwelt, da so CO2 langfristig gespeichert würde. Auch die hiesige Verarbeitungsindustrie sehen wir als langjährige gute Partner in der Pflicht. Zuerst muss das heimische Schadholz verarbeitet werden, bevor auf Billigware aus dem Ausland zurückgegriffen wird. Sonst erleben wir nächstes Jahr womöglich ein böses Erwachen, denn für den Borkenkäfer sind herumliegende Bäume der beste Nährboden.“
Holzpreis unter Druck
Normalerweise rechnet man in der Forstarbeit mit einem Eigenlohn von 12 Euro/Stunde. Schon im Wirtschaftswald reichen schwierigere Geländeverhältnisse, ein durchschnittlicher Baumbestand und höhere Pflegekosten aus, um den Stundenlohn auf null zu senken. Nur unter optimalen Verhältnissen lässt sich überhaupt etwas verdienen: Rechnet man dann alle Kosten weg, bleibt im gut gewachsenen, flachen Wirtschaftswald ein Eigenlohn von 18 Euro/Stunde. Experten erwarten, dass die angespannte Preissituation auf dem Holzmarkt auch die nächsten Jahre anhält.