Österreichischer Biomasse-Verband warnt vor Lücken in der Energieversorgung

Jun 21, 2017 | Allgemein

Plank: Alle Erneuerbaren für Energiewende erforderlich

„Die Energieversorgung ist für jedes Land von strategischer Bedeutung. Die heimische Energiepolitik der vergangenen Jahrzehnte ist eine ernste Bedrohung für Wohlstand und Frieden. Die Abhängigkeit von demokratiepolitisch bedenklichen Staaten und die enormen Geldflüsse in diese Regionen werden einfach in Kauf genommen. Damit werden Umwelt- wie auch Klimaschäden und künftige Flüchtlingskrisen befeuert. Dabei liegt die Lösung vor der Haustür: Ausbau der Erneuerbaren und die Reduktion des Energieverbrauchs. Wir benötigen alle erneuerbaren Energieträger, um die Energiewende zu vollbringen, dazu gehört vor allem die Bioenergie. Biogasanlagen abzudrehen und damit Kohle- sowie Atomstromimporte zu forcieren, ist das falsche Signal. Besonders vor dem Hintergrund der immer größer werdenden Winterstromlücke“, eröffnete Josef Plank, Präsident des Österreichischen Biomasse-Verbandes, die heutige Veranstaltung des Verbandes in der Wiener Urania zum Thema Energieversorgungssicherheit.

Österreich ist zu zwei Drittel von fossilen Energieträgern abhängig. Der Einsatz fossiler Energieträger liegt heute um 12% über dem des Jahres 1990. Während der Anteil der in Österreich geförderten fossilen Energieträger am Inlandsverbrauch gerade einmal 4% beträgt, werden erneuerbare Energieträger zu 96% in Österreich erzeugt. Besonders gravierend ist die Abhängigkeit Österreichs von Erdgas. Physisch gelangt das gesamte importierte Erdgas über eine einzige Pipeline des „Brotherhood Pipeline Systems“ aus Russland nach Österreich.

Werner Zittel, Energieexperte der Ludwig-Bölkow-Systemtechnik, warnte davor, dass Russland mit großer Wahrscheinlichkeit keine steigenden Erdgasmengen nach Europa liefern kann. „Die eigenen Förderkapazitäten und die geplanten neuen Projekte sind viel zu gering, um neben der Deckung des Inlandsbedarfs sowie künftiger Exporte nach Asien weitere Ausfuhren zu gewährleisten“, erklärte der Energieexperte. Gegenüber dem Jahr 1998 ging die Erdgasförderung innerhalb der EU-28 bereits um 50% zurück. Laut Zittel ist es bemerkenswert, dass Österreich Rohöl vor allem aus politisch instabilen Regionen bezieht – dazu gehören Kasachstan, Libyen, Algerien, Russland und der Irak.

Kriege im Namen des Erdöls

Über die „Kriege um’s Erdöl“ referierte Karin Kneissl, die sich besonders mit dem Irak auseinandersetzte, der weltweit über die zweitgrößten Erdölreserven verfügt. „Die Kriege der vergangenen 25 Jahre, die der Westen immer wieder in den Irak hineintrug, wurden stets im Namen des Erdöls geführt“, schildert die Nahost-Expertin. „Der Krieg von 2003 holt die restliche Welt mit dem Aufstieg des Islamischen Staats seit dem Sommer 2014 heftig ein.“ Außerdem erwartet Kneissl eine Zunahme der Einflussnahme Chinas auf die Arabische Halbinsel aufgrund steigender Importe. „Die Pipelines drehen auf Ost-Süd-Ost. Westliche Staatskanzleien werden bald das Nachsehen haben“, so Kneissl.

Wärmepumpen erhöhen die Spitzenlast

Auch die Stromimporte Österreichs sind in den vergangenen Jahren immer stärker gestiegen. Georg Benke, e7 Energie Markt Analyse, hat sich aus diesem Grunde mit der zunehmenden Elektrifizierung des Wärmemarktes befasst. Die Wärmepumpe hat in den vergangenen Jahren ein rasantes Wachstum erfahren. Benke untersuchte, welcher Leistungsbedarf besteht, wenn rund 25% der Raumwärme in Österreich durch Luftwärmepumpen erzeugt werden. Dabei zeigte sich, dass dieses Szenario die Spitzenlast um 3,5 GW steigert. Das kommt einer Erhöhung von rund 35% gleich. „Die elektrische Anschlussleistung der Wärmepumpen würde der 2,5-fachen Spitzenleistung sämtlicher Donaukraftwerke entsprechen“, führte Benke aus. Auch die Kombination von Photovoltaik und Wärmepumpe würde stark überschätzt. „In Zeiten hoher Stromnachfrage, sprich im Winter, am Vormittag und am Abend, steht nur sehr wenig oder kein PV-Strom zur Verfügung.“ Für eine 5 kW-Luftwärmepumpe müsste die erforderliche PV-Anlage ungefähr 350 m2 groß sein.

Biokraftstoffe erwirtschaften 1,3 Mrd. Euro an Wertschöpfung

Die Bedeutung der Biokraftstoffe für die Versorgungssicherheit im Verkehrssektor und mit Futtermitteln hob Jürgen Zeddies, Universität Hohenheim, hervor. „Biokraftstoffe sind als Instrument für Klimaschutz im Verkehr nach 2020 unbedingt fortzuführen“, forderte Zeddies, der sich dagegen ausspricht, den Anteil von Kraftstoffen aus dem Energiepflanzenanbau auf 3,8% zu begrenzen, wie es die EU- Kommission bis 2030 vorschlägt. „Mit der Produktion der Rohstoffe für die Biokraftstoffe wird in Deutschland eine Wertschöpfung von 1,3 Mrd. Euro geschaffen“, erklärte Zeddies. „22.000 Arbeitskräfte finden in dem Sektor Beschäftigung. Bei einem völligen Verzicht auf Biokraftstoffe entsteht in der Landwirtschaft ein Einkommensverlust von rund 1 Mrd. Euro, und sie verliert eine wichtige Absatzstütze für Rapssaat, Getreide und Zuckerrüben. 3,1 Mio. t Sojaschrot müssten zusätzlich importiert werden.“

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