CO2-Abgabe als Schlüsselinstrument für eine erfolgreiche Energiewende
Graz, 19. Jänner 2017 – Im Rahmen der 5. Mitteleuropäischen Biomassekonferenz in Graz (18. bis 20. Jänner) kommt es auch zur Ratifizierung der „Grazer Deklaration“ durch den Weltbiomasseverband, den Europäischen Biomasseverband sowie die nationalen Verbände aus Österreich, Deutschland, Italien, Slowenien, Kroatien und Serbien, in der die Forderungen an die EU-Energiepolitik zusammenfassen sind. Die Schlüsselforderungen lauten: Halbierung des fossilen Energieverbrauchs in der EU bis 2030; Ausstieg aus der fossilen Stromerzeugung; die Forcierung aller erneuerbaren Energieträger und eine Verdoppelung des Bioenergieeinsatzes.
„Mit dem Paris-Abkommen wurde eine neue Ära im internationalen Klimaschutz eingeläutet. Nun gilt es, die globale Erwärmung langfristig auf 2 °C oder weniger zu begrenzen. Erneuerbaren Energien kommt eine Schlüsselfunktion zu. Besonders große Zukunftschancen bietet die Biomasse – darum treibt dasLandwirtschafts- und Umweltministerium ihre Nutzung mit maßgeschneiderten Förderprogrammen weiter voran“, betont Günter Liebel, Leiter der Sektion Umwelt und Klimaschutz im BMLFUW. „Bioökonomie spielt dabei eine entscheidende Rolle. Sie ersetzt fossile Ressourcen durch nachwachsende Rohstoffe, garantiert uns eine hohe Versorgungssicherheit und reduziert die Abhängigkeit von Importen fossiler Energie.“
Politik muss Energiewende als Chance sehen
Remigijus Lapinskas, Präsident des Weltbiomasseverbandes, schätzt, dass die Bioenergie in der nahen Zukunft weltweit mindestens 150 EJ (56 EJ in 2013) zur Energieversorgung nachhaltig beitragen kann. Der vielversprechendste Sektor ist die Verwendung von Biokraftstoffen. Die Dekarbonisierung des Wärmesektors durch die Nutzung von Biomasse in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen muss ebenfalls vorangetrieben werden. Eine effiziente Energiebereitstellung aus biogenen Abfällen und Agrarrückständen sowie die Themenbereiche Innovation und Finanzierung werden für den Bioenergie-Sektor künftig entscheidend sein. Um die Energiewende vollziehen zu können, ist eine Strategie für eine schrittweise und jährliche Reduzierung der Nutzung fossiler Brennstoffe weltweit und national wichtig. Ein Schlüsselinstrument ist eine CO2-Abgabe, wie auch in der Grazer Deklaration gefordert. „Nun müssen die lokalen Regierungen die Energiewende als große Chance begreifen und diesen unvermeidlichen ‚grünen Übergang‘ unterstützen“, fordert Lapinskas.
Europa als Vorreiter
„Die derzeitigen EU-Ziele für 2030 – minus 40% Emissionen gegenüber 1990 und 27% Anteil Erneuerbarer Energien – entsprechen nicht den Zielen des COP 21“, stellt Josef Plank, Präsident des Österreichischen Biomasse-Verbandes fest. „Europa hat aber eine besondere Verantwortung bei der Transformation zu einer fossilfreien Gesellschaft. Technologien, Know-how, Erfahrung, Kapital und positive Beispiele sind wie auf keinem anderen Kontinent verfügbar. Mit einer erfolgreichen Klimapolitik könnte Europa eine Vorreiterrolle übernehmen, und andere Kontinente würden unserem Beispiel folgen.“ Aus diesem Grunde werden mit der Grazer Deklaration Vorschläge gemacht, wie die Klimaziele erreicht werden können. Vor allem die Einführung einer progressiv steigenden CO2-Abgabe wird als zielführend erachtet. Diese muss zumindest 100 Euro/t CO2 erreichen, um wirksam zu sein. „Schweden hat uns vorgezeigt, wie mit einer CO2-Abgabe von 120 Euro/t erfolgreich die Energiewende vorangetrieben werden kann. Das Land beweist auch, dass Wirtschaftswachstum und THG-Emissionen entkoppelt werden können. Bei einer richtigen Rückverteilung der CO2-Abgabe wird die Wirtschaft langfristig gestärkt und nicht, wie oft behauptet, geschwächt“, so Plank. Neben der CO2-Abgabe wird in der Grazer Deklaration eine Strategie für die europäische Wärmewende und für die Biomasse-Mobilisierung aus den europäischen Wäldern verlangt.
Große Potenziale für Bioenergie in Nigeria
Im Rahmen der Konferenz findet auch ein B2B-Matchmaking-Event „Africa meets EU“ statt, um gemeinsame Geschäftsmöglichkeiten zu erörtern. Nigeria ist etwa die zweitgrößte Volkswirtschaft und das bevölkerungsreichste Land Afrikas. Es ist reich an natürlichen Ressourcen und könnte mit Leichtigkeit energieautark sein. Das Land importiert aber die Mehrheit der verbrauchten raffinierten Erdölprodukte, obwohl es ein bedeutender Öl- und Gas-Exporteur ist. Die Stromerzeugung basiert vordergründig auf Diesel-/Benzin-Generatoren. Neben dem Erdölsektor ist die Landwirtschaft der wichtigste Wirtschaftszweig und gleichzeitig ein großer Energieverbraucher. „Die KMU’s haben einen Anlagenbedarf mit einer elektrischen Leistung von 100 bis 500kW“, weiß Godwin Eni Aigbokhan, Generalsekretär des nigerianischen Verbandes für Erneuerbare Energien (REAN). „Es wird geschätzt, dass pro Jahr 150 Mio. t biogener Abfälle aus der agrarischen Erzeugung entstehen, die ungenutzt verbrannt oder deponiert werden. Eine energetische Nutzung wäre naheliegend, da die fossilen Energien vergleichsweise teuer sind.“ Die Marktpotenziale für Bioenergie sind in Nigeria dementsprechend groß, jedoch weist Aigbokhan auch auf die Herausforderungen hin: geringe Abfallsammlung, erschwerte Finanzierungsmöglichkeiten sowie schlechte Infrastruktur.