BOKU: Eingeschleppte Baumschädlinge gefährden die Wälder Europas

Apr 25, 2018 | Allgemein

Erstmals mögliche Auswirkungen auf Kohlenstoffspeicherung europäischer Wälder untersucht

Wien, 24. April 2018 (aiz.info). – Immer mehr Arten werden durch den Menschen in neue Gebiete eingeschleppt. Darunter sind vermehrt Schadorganismen wie Insekten und Pilze, die Bäume befallen und bei ungehinderter Ausbreitung zum Absterben großer Waldflächen führen können. Eine Studie österreichischer Wissenschaftler hat nun erstmals die Folgen der möglichen Ausbreitung solcher Schadorganismen auf den europäischen Wald und seinen Kohlenstoffhaushalt untersucht. Das Forscherteam um Rupert Seidl (Boku) und Stefan Dullinger (Uni Wien) zeigte, dass sich der im europäischen Wald gespeicherte Kohlenstoff durch fünf der gefährlichsten eingeschleppten Baumschädlinge bis zur Mitte des Jahrhunderts um knapp 400 Mio. t (das entspricht in etwa den 20-fachen Treibhausgasemissionen Österreichs) verringern könnte. Die Forschungsergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe des renommierten Wissenschaftsjournals „Nature Communications“ veröffentlicht.

In den letzten Jahrzehnten sind weltweit vermehrt Krankheitserreger und Parasiten von Bäumen durch den Menschen nach Europa eingeschleppt worden – meist mit Holzimporten. Manche dieser Schädlinge haben das Potenzial, sich zur ernsthaften Gefahr für heimische Baumarten zu entwickeln. Ein Beispiel dafür ist das Eschen-Triebsterben. Viele der eingeschleppten Baumschädlinge sind allerdings erst seit Kurzem in Europa und werden sich vermutlich in den kommenden Jahren noch weiter ausbreiten. „Unklar war bisher, welche Teile Europas durch eine weitere Ausbreitung betroffen sein werden und ob der Klimawandel die Ausbreitung fördert, etwa indem er weiter nördlich gelegene Gebiete besiedelbar macht“, so Erstautor Seidl. Außerdem sei der Wissensstand über die möglichen Folgen einer massiven Ausbreitung dieser Baumschädlinge auf die europäischen Wälder noch zu gering. Von besonderer Relevanz ist hier deren Kohlenstoffhaushalt, da großflächiges Absterben beträchtliche Mengen an Kohlenstoff freisetzen kann, die wiederum den Klimawandel zusätzlich anheizen.

Massive Kohlenstoff-Verluste als Folge absterbender Bäume in Europa

Die Autoren untersuchten die möglichen Folgen einer ungehinderten Ausbreitung von fünf besonders aggressiven eingeschleppten Baumschädlingen, die alle schon in Europa vorkommen, aber bisher auf kleine Regionen an den Rändern des Kontinents beschränkt sind. Die Ergebnisse sind alarmierend: „Eine ungehinderte Ausbreitung dieser Arten könnte bis zu 10% der lebenden Baumbiomasse in Europa betreffen. Dadurch würde sich die Kapazität des Waldes, Kohlenstoff zu speichern, um bis zu 400 Mio. t verringern, was in etwa den Treibhausgasemissionen Österreichs von 20 Jahren entspricht“, erläutert Dullinger.

Fortschreitender Klimawandel erhöht dabei das Gefährdungspotenzial dieser Schadorganismen zusätzlich, da mit steigenden Temperaturen relativ große nord- und osteuropäische Waldgebiete für die eingeschleppten Baumschädlinge besiedelbar werden. „Unsere Studie zeigt, dass eingeschleppte Schadorganismen massive Folgen für Wald und Klima, aber natürlich auch für das Landschaftsbild mit sich bringen können“, fasst Dullinger zusammen. Daher wäre es dringend notwendig, deren weitere Ausbreitung zu unterbinden. Sinnvoll wären etwa die Einrichtung von Quarantänezonen um schon befallene Gebiete sowie verstärkte Kontrollen im internationalen Handel.

BOKU

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