Vollerwerbsbetrieb auf 1.100 m Seehöhe

Artikel aus Ausgabe 3/2021

Die Forstwirtschaft, die Landwirtschaft und den Almausschank am Wochenende unter einen Hut zu bringen, das am höchstgelegensten Vollerwerbsbetrieb in der Stadtgemeinde Kapfenberg, ist nicht ganz einfach. Dass es gemeinsam aber durchaus schaffbar ist, lebt Familie Gruber vulgo Rührerbauer vor.

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Ausgabe: 3/2021
Thema: Reportage
Bundesland: Steiermark
Autor:in: Anna Zettl

Auf einer Seehöhe von rund 1.130 m befindet sich der Hof der Familie Gruber vulgo Rührerbauer, der bald 200 Jahre im Familienbesitz ist. Die wunderschöne Aussicht, die bei schönem Wetter das Gebirge von Slowenien erblicken lässt, kann sie sicher stolz auf ihren Betrieb und auf das Geschaffene der letzten Jahrzehnte sein lassen. Betriebsführer Johann und Christiane führen seit 2002 gemeinsam den Betrieb im Vollerwerb – den höchst gelegensten
Vollerwerbsbetrieb in Kapfenberg – mit viel Leidenschaft, Ehrgeiz und Engagement sowie mit Unterstützung der Großeltern, ihren drei Töchtern und Schwiegerkindern.

Kalamitätsflächen Gewittersturm
72,5 Hektar davon 55 ha Wald mit einer Hauptbaumartenverteilung von 70 % Fichte, 30 % Lärche (Laubbaumarten nur vermindert vorkommend) und 17,5 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche bewirtschaften die Grubers fast zur Gänze in Eigenregie – davon wurden im Jahr 2003 10 ha und im Jahr 2017 2,5 ha zugekauft. Der Jahreseinschlag beträgt durchschnittlich zwischen 350 – 400 fm pro Jahr wobei, durch die stark kalamitätsgeprägten letzten Jahre einiges mehr angefallen ist.

Der Gewittersturm 2018 verwüstete auf einmal insgesamt 10 ha Wald. Nachdem die Wege innnerhalb einer Woche freigeschnitten wurden, starteten die Aufarbeitungsarbeiten durch Unternehmer mit Seilkran und Harvester. Eine eigenständige Aufarbeitung wäre nicht machbar gewesen. Kleinere Flächen wurden aber dennoch vom Betriebsführer selbst zusammengeräumt. Auf den angefallenen Flächen wurde eine eingezäunte Versuchsfläche mit ca. 3,5 ha angelegt und mit Tanne, Lärche und Douglasie eher schütter aufgeforstet.

Mittlerweile sind auch andere Baumarten, hauptsächlich Bergahorn, durch Selbstanflug auf der Fläche aufgegangen. Zur großen Freude der Familie, die aufgrund der Süd exponierten Lage und der sehr seichtgründigen und felsigen Böden immer wieder Probleme mit der Naturverjüngung hat. Der Rest der Kalamitätsflächen wurden ohne Zäunung aufgeforstet. Noch ist es schwierig eine Vergleichsaussage zwischen den Flächen zu treffen, bis jetzt ist zu wenig Zeit vergangen. In 15 Jahren, sprich 2034, soll der Zaun dann wieder abgebaut und die Versuchsfläche aufgelöst werden.

Seit dem Zukauf der 10 ha ist auch die Jagd am Betrieb zur Gänze an die Familie übergegangen. Es hat eigentlich nur Vorteile seine Flächen selbst bejagen zu können, erklärt Eigentümer Johann. Vor allem beim Aufkommen der Lärchenverjüngung haben sie immer wieder Probleme mit dem Rehwild, das mit eigenem Abschuss viel fokussierter bejagt werden kann. Die nächste Jagdanwärterin ist Tochter Johanna, die auch eine Ausbildung zur Jägerin anstrebt, um in die Fußstapfen ihres Papas zu treten.

Gezielte Holzvermarktung
Durch eine Mitgliedschaft an einer Wärmeliefergemeinschaft unten im Tal mit insgesamt zwölf Mitgliedern ist eine Abnahme des anfallenden Faser- und Schleifholzes immer gesichert. In einem nicht kalamitätsgeprägten Jahr werden rund 150 fm geliefert. Das angefallene Blochholz wird schon seit vielen Jahren über den Waldverband, durch den zuständigen Waldhelfer Manuel Treitler, vermarktet. Mit einem Hacker, der am Traktor angebaut wird ist die Eigenversorgung für die Hackschnitzelanlage am Hof gesichert. Nebenbei wird auch noch ofenfertiges Brennholz zum Verkauf produziert.

Neben der sehr zeitaufwendigen Bewirtschaftung der Wälder wird die Landwirtschaft seit rund 30 Jahren als Biobetrieb mit Mutterkühen geführt. Die Nachzucht der zehn Mutterkühe der Rassen Fleckvieh, Murbodner und Charolais werden mit ungefähr zehn Monaten über den Rinderzuchtverband Traboch vermarktet. Seit einem Jahr gibt es auch Jura- und Bergschafe am Hof, die die jüngste Tochter Johanna, die auch den Familienbetrieb in den nächsten Jahren übernehmen soll, eingeführt hat. Die Liebe zum Betrieb ist auch bei ihr sichtlich spürbar. Das Hauptfutter, die Siloballen werden auf der 3 ha großen Pachtfläche produziert. Am eigenen Betrieb überwiegen die Steilflächen. Es wird nur 1 bis 2-mal im Jahr gemäht und das meiste als loses Heu eingelagert. In den letzten Jahren wurde auch eine Waldfläche gerodet, um eine ebenere Fläche zum Mähen zu gewinnen und sich so zumindest etwas die Arbeit zu erleichtern – die durchschnittliche Hanglage am Betrieb liegt zwischen 45 bis 50 %.

Almausschank Bründlweg
Dass die Land- und Forstwirtschaft im Vollerwerb geführt werden kann hängt auch viel mit dem Almausschank, der durch den Bründlweg, welcher die Platzwahl der Kleinen Zeitung 2020 mit dem ersten Platz belegte und sehr gut besucht ist, zusammenhängt. Der Ausschank wird ganzjährig betrieben, bei schönem Wetter ist Samstag, Sonn- und Feiertag bei uns „volles Haus“, so die Familie. Von Montag bis Freitag wird Selbstbedienung angeboten, was laut den Betreibern, auch sehr gut funktioniert und angenommen wird. Mindestens eines von den Kindern bzw. Schwiegerkindern muss am Wochenende und an Feiertagen immer zur Verfügung stehen und helfen, ansonsten wäre das alles nicht möglich – „denn, nur gemeinsam sind wir stark“. Bei schönem Wetter kehren durchschnittlich 50 Personen pro Tag auf eine Jause und Getränke ein. Freitags ist bei Christiane immer Brotbacktag, etliche Laibe werden da am Hof gebacken und weiterverarbeitet. Damit geht es sich gut im Vollerwerb aus, so die Bäuerin.

Zukunftsplanung
Die Ziele für die kommenden Jahre werden bei der Familie etwas ruhiger gesetzt, da in den letzten 30 Jahren immer 100 % gegeben wurden. Wir haben soweit alles gerichtet. Haus, Gerätehalle und Stall sind bereits neu gebaut worden, erzählen die Betriebsführer mit Stolz. Mit den Maschinen sind sie auch sehr gut ausgestattet und die Wege sind soweit alle gut erschlossen. Sie möchten auf jeden Fall so weiter wirtschaften wie bisher und ihre wunderschöne Kulturlandschaft erhalten, das Geschaffene genießen. Durchforstungsrückstände und Naturverjüngungseinleitungen stehen, wie bei den meisten anderen Betrieben, natürlich am Plan, aber insgesamt soll es etwas entspannter werden.

In einigen Jahren soll dann die jüngste Tochter Johanna den Familienbetrieb übernehmen – wie sie den Betrieb weiterführen will ist ihre Entscheidung, aber eines ist klar, auf den Zusammenhalt und die Unterstützung in der Familie wird sie auch nach dem Betriebsführerwechsel immer zählen können.

Fakten & Details

Familie
Johann und Christiane
Gruber vulgo Rührerbauer
Töchter: Eva 35, Claudia 26 und Johanna 19 (zukünftige Betriebsführerin)
Großeltern: Johann 87 und Gertrude 76
Göritz 9, 8642 St. Lorenzen im Mürztal

Betriebsgröße
72,5 ha – davon 55 ha Wald und 17,5 ha landwirtschaftliche Nutzfläche plus 3 ha Pachtfläche
Seehöhe: 800-1.300 m
BIO Vollerwerbsbetrieb mit Mutterkuhhaltung
Almausschank ganzjährig – Station Bründlweg (Platzwahlsieger der Kleinen Zeitung 2020)

Maschinenausstattung für den Forst
Lindner Traktoren + 8 to Seilwinde
Motorsägen
Krananhänger

3,5 ha große Versuchsfläche – die Auflösung soll nach ca. 15 Jahren erfolgen.

Panoramablick vom Hof der Familie Gruber aufs Tal und die umliegenden Gebirge.

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