Unseren Wald bewirtschaften wir selbst

Artikel aus Ausgabe 4/2021

Unter der Woche nehmen die landwirtschaftlichen Tätigkeiten und die außerbetriebliche Arbeit einen Großteil der Zeit in Anspruch. An den Wochenenden und Feiertagen widmen sich Vater und Sohn aber dem Wald, mit all seinen Facetten, Aufgaben und Pflegemaßnahmen.

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Ausgabe: 4/2021
Thema: Persönliches, Reportage
Bundesland: Steiermark
Autor:in: Anna Zettl

In der Gemeinde Edelschrott in der Weststeiermark befindet sich der land- und forstwirtschaftliche Betrieb der Familie Nestler vulgo Lecker auf einer Seehöhe von rund 700 Meter. Gemeinsam mit seiner Frau Elke lebt Kurt, mit den drei Kindern und seiner Mutter, auf der rund 42 ha großen Wirtschaft samt Pacht im Nebenerwerb. Betriebsführer Kurt arbeitet Vollzeit als Serviceleiter in einem Autohaus. Seine Frau Elke ist zu Hause am Betrieb. Sohn Kurt, der zukünftig den elterlichen Betrieb weiterführen soll, übt ebenso eine Vollzeitbeschäftigung bei der Energie Steiermark aus. Insgesamt werden zurzeit 21 Biomilchkühe der Rasse Fleckvieh am Hof gemolken und mit der Jungkalbinnennachzucht im Durchschnitt 45 Stück Rinder versorgt.

Seit es den Waldverband gibt, ist Familie Nestler Mitglied. Bevor es den Waldverband in der jetzigen Form gegeben hat, gab es in den Regionen Umstellungsgemeinschaften. Der Vater des jetzigen Betriebsführers war damals 20 Jahre lang Obmann dieser Gemeinschaft. In den letzten Jahrzehnten hat sich zwar vieles verändert, jedoch nicht die regelmäßige Vermarktung über den Waldverband. Pro Jahr werden zwei LKW-Züge Blochholz in Eigenregie aufgearbeitet und geliefert. Nach dem Sturm Paula 2008 fiel in den darauf folgenden Jahren auch mehr Holz aufgrund von Käferbefall an. Die letzten drei Jahre ist aber kein flächendeckender Befall mehr wahrzunehmen. Daher wird das Augenmerk verstärkt auf die Brennholzerzeugung gelegt. Bis vor einigen Jahren haben sie sich die Durchforstungsbestände immer von einem Förster auszeigen lassen. Doch mit den Jahren lernt man dazu. Heute machen das Vater und Sohn selbst. Mittlerweile haben sie schon ein jährliches Ritual. Es wird immer eine Fläche im Jahr bestimmt, auf der gearbeitet wird. Speziell auf die Dickungspflege und Durchforstungen wird viel Wert gelegt. Es wird früh, dafür aber mäßig oft eingegriffen. Mit dieser Methode haben sie sehr gute Erfahrungen gemacht und wollen diese Vorgehensweise auf jeden Fall auch für die Zukunft beibehalten.

Brennholzvermarktung
Zu den Haupteinnahmequellen aus der Forstwirtschaft zählt der jährliche Brennholzverkauf am Hof, der sich im Durchschnitt auf rund 70 Schüttraummetern beläuft. Es werden ausschließlich Harthölzer aufgespalten, ofenfertig im Laufe des Jahres vorbereitet und auch gleich an die Abnehmer zugestellt. Da auch vor Edelschrott das Eschentriebsterben nicht haltgemacht hat, zählt diese Baumart seit den letzten Jahren zum Hauptsortiment im Verkauf. Seit zwei Jahren beobachtet der Betriebsführer, dass ausschließlich „weibliche“ Eschen befallen werden.
Eine Besonderheit der Esche ist nämlich, dass die Einzelbäume entweder einhäusig (männliche und weibliche Blütenstände auf einem Baum) oder zweihäusig (nur männliche oder nur weibliche Blütenstände auf einem Baum) sind. Die weiblichen sind durch das Tragen der Samen leicht von den männlichen Bäumen zu unterscheiden, erklärt der begeisterte Forstwirt. Die meisten Eschen, die sich noch im Bestand befinden und fit sind, sprich nicht befallen, sind männliche Individuen.

Klimafit in die Zukunft
Die Waldarbeit ist für den vollzeitbeschäftigten Automechaniker ein wunderbarer Ausgleich zum Arbeitsalltag. Er sieht die Arbeiten nicht nur als geistigen, sondern vielmehr als körperlichen Ausgleich. Da kommt es häufig vor, dass der Weg zum Waldstück zu Fuß gegangen und auf den Traktor verzichtet wird. Die forstlichen Tätigkeiten vom Sicheln bis zum Holzernten können nur am Wochenende und an Feiertagen ausgeübt werden. An anderen Tagen fehlt die Zeit, deshalb sind wir auch das ganze Jahr im Wald unterwegs, so Kurt Nestler.

Natürlich wird versucht, soviel wie möglich auf Naturverjüngung zu setzen. Trotzdem werden pro Jahr ca. 200 Stück Forstpflanzen gepflanzt. Die letzten fünf Jahre wird der Fokus gezielt auf die Einbringung von Mischbaumarten gelegt, speziell auf die Eiche. Diese wird truppweise eingebracht. Die Laubhölzer werden im August wertgeastet. Ein weiterer „Zukunftsbaum“ soll die Tanne werden, die sich im Bestand schon sehr gut selbst vermehrt. Das Hauptproblem im Wald der Nestlers ist seit Jahren schon der extrem hohe Wilddruck. Ohne Einzelschutzmaßnahmen wie Gitterkörbe und Verstreichen ist ein Aufbringen der Bäumchen beinahe unmöglich. Hauptsächlich werden die Laubholz- und Tannenverjüngungen durch Verbiss geschädigt und die Lärche wird verfegt.

Bäume setzen einmal anders
Im Jahr 2017 wurde eine an den Betrieb angrenzende Waldfläche zugekauft. Da rund 4.000 m2 dieser Fläche stark mit Dornen und Sträuchern verwachsen waren, stellte sich die Frage, was soll mit dieser Fläche passieren. Es war recht schnell klar, dass es am einfachsten und schnellsten ist, die Waldfläche komplett abzuräumen. Die alten Stöcke und Sträucher wurden mit der Seilwinde ausgerissen und anschließend mit einem Bagger gleichplaniert. Wie sollte nun aufgeforstet werden? Auf diese Frage hatte der zukünftige Betriebsführer Kurt jun. eine Antwort. Aufgrund des ebenen Geländes bot es sich gut an, die Furchen mit einem wie früher üblichem Einscharpflug angebaut an ihrem 60 PS Deutz Traktor zu ziehen, anstatt für jede Forstpflanze ein eigenes Loch zu graben. Nach dem Ziehen der Furche, die ca. 25 cm breit und ca. 25 cm tiefgezogen wurde, wurden die Bäume in einem Reihenabstand von 1,5 x 1,5 Meter wie gewünscht verteilt und hinterher vergraben. Gesetzt wurden Lärchen, Tannen, Fichten, Douglasien und Eichen. Die Furche wurde aber wirklich nur dort wieder geschlossen, wo auch eine Pflanze eingesetzt wurde. Die Zeilen zwischen den Bäumen wurden bewusst offengelassen, um eine Mulde beizubehalten in der sich das Regenwasser sammeln und langsam versickern kann. Klarerweise ging das Aufforsten mit dieser Methode um einiges schneller, innerhalb eines Vormittags war das Setzen erledigt. 2021 – vier Jahre später lässt sich ein deutlich sichtbarer Erfolg erkennen. Die gesetzten Bäume sind hervorragend angewachsen!

Ein Blick in die Zukunft
In den Betrieb wird ständig investiert, ob in Forst- oder Landwirtschaft. Eines ist für sie klar, es darf nicht am jetzigen Stand stehen geblieben werden. Das Ziel ist sich immer weiter zu entwickeln. Im Forst steht fest, die konsequente Bewirtschaftung soll weiterhin aufrecht erhalten, vielleicht sogar noch etwas intensiviert werden. Bei einem Umbau in Richtung klimafitten, stabilen, vitalen und standhaften Wald sind sie schon mitten drin. Auch in Richtung Landwirtschaft soll in den nächsten Jahren noch einiges passieren.
Der Grundsatz lautet: Wir wollen versuchen nach unserem besten Wissen und Gewissen zu wirtschaften und zu investieren, um die Land- und Forstwirtschaft zu verbessern!

Fakten & Details

Familie
Kurt und Elke Nestler, vulgo Lecker
Kinder: Kurt, Laura und Paul
Mutter: Anna
Wöllmiß 437, 8583 Edelschrott

Betriebsgröße
22 ha Wald
20 ha Grünland davon 6 ha gepachtet
Biomilchbetrieb mit Jungkalbinnen Nachzucht im Nebenerwerb

Maschinenausstattung Forst
60 PS Deutz Traktor, 126 PS Fendt 312
6,5 to Funkseilwinde
26 to Posch Holzspalter
12 to Forstanhänger Stepa

Zusammenhalt und Weiterentwicklung ist in der Familie Nestler sehr wichtig.

Pro Jahr werden im Durchschnitt rund 70 Schüttraummeter Brennholz produziert und vermarktet.

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