Die Wertschöpfungskette Holz trägt dabei Verantwortung für Klimaschutz, Klimaanpassung und Biodiversität. Wien geht mit diesen Themen innovativ und verantwortungsbewusst um, sowohl bei der Waldbewirtschaftung wie auch bei der Verwendung des Baustoffes Holz.
Vom Großen ins Kleine
Die Betrachtung der „planetaren Grenzen“ zeigt uns neben der weltweit hohen CO2-Konzentration auch eine wesentliche Überschreitung der aktuellen Ressourcenentnahme und damit die Grenzen der Anpassungsfähigkeit der Natur. Neuartige Substanzen wie z.B. Mikroplastik, Pestizide und Atommüll sowie die Veränderung biochemischer Kreisläufe (vor allem Phosphor und Stickstoff) führen u.a. zu Nährstoff-Übersättigung in Böden und Gewässern (Eutrophierung) und gefährden damit die Gesundheit von Ökosystemen.
Der Rückgang der Vielfalt, des Ausmaßes und der Gesundheit lebender Organismen und Ökosysteme bedroht die Fähigkeit der Biosphäre, den Zustand des Planeten zu regulieren. Die genetische Vielfalt wie auch die funktionale Integrität sind bedroht, zum Teil sind dabei schon sogenannte Kipppunkte überschritten.
Die Veränderung der Zusammensetzung der Atmosphäre führt schließlich – bezogen auf die vorindustrielle Periode – zu einer dramatisch ansteigenden Temperatur. Europa ist aus verschiedenen Gründen besonders stark betroffen.
Der European Green Deal und der Circular Economy Action Plan geben uns dazu wichtige und wertvolle Vorgaben. Viele, teilweise auch heftig diskutierte Strategien und Verordnungen wie die EU-VO zu entwaldungsfreien Produkten, das EU-Renaturierungsgesetz, die Lieferkettenrichtlinie, die Richtlinie hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung und die EU-Taxonomie-VO sind – kennt man den aktuellen Zustand unserer Umwelt – dringend notwendige Regeln. Das dadurch Arbeitsabläufe erschwert werden und Verwaltung leider auch teurer wird, ist klar. Unsere Lebenserfahrung zeigt aber, dass wichtige und notwendige Transformationsschritte nur mit klaren Vorgaben, Regeln und Sanktionen durchsetzbar sind.
Global gibt es aktuell bereits mehr menschengemachte Masse als Biomasse. Seit dem Beginn der Industrialisierung leben wir in der energie- und ressourcenintensivsten Periode der gesamten Menschheitsgeschichte. Als direkte Folge erleben wir heute die weltumspannende Klimakrise.
Unser Wald – ein multi-funktionales Wunderwerk
Unser Wald ist vielfältig und Schlüssel für Lebensqualität und Kosteneinsparung. Er bietet Erholung und Gesundheit, ist Lebensraum für Pflanzen, Tiere und Pilze, bietet Trinkwasserfilterung und –speicherung sowie Schutz vor Naturgefahren. Unser Wald ist auch effektiver Luftreiniger und –befeuchter, kühlt damit auch die Umgebung (z.B. Städte!), ist (bei gutem Zustand) Kohlenstoffspeicher und last, but not least Lieferant des nachhaltigen Rohstoffes Holz. Damit all diese wichtigen Aufgaben auch unter den immer schwieriger werdenden Bedingungen der Klimakrise gemeistert werden können, ist an wichtigen „Schrauben“ zu drehen.
Die jahrzehntelange Diskussion zwischen den Vertreter:innen der Forstwirtschaft mit dem Naturschutz über die richtige Bewirtschaftung unserer Wälder ist seit langem von statischen, stereotypischen Ansätzen geprägt und muss nun hin zu dynamischen Modellen entwickelt werden. Wenn aus der wertvollen CO2-Senke Wald aus diversen Gründen eine CO2-Quelle wird und damit eine wichtige Wald-Funktion verloren geht, kann man auch aus Sicht des Naturschutzes nicht zur Tagesordnung übergehen.
Bei der Ursachensuche nach Katastrophen wie Dürre/Trockenheit, der damit verbundenen erhöhten Gefahr von großen Waldbränden sowie auch Starkregenereignissen inkl. Überschwemmungen, Murenabgängen etc. sind auch die negativen Veränderungen in unseren Wäldern zu beachten. Ein resilienter und klimafitter Wald benötigt die grundlegende Beschäftigung mit der künftigen Baumartenzusammensetzung, mit neuen Waldbaudoktrin und mit angepassten und sinnvollen Fördermodellen. Der Aufbau resilienter Wälder und damit die Etablierung klimafitter Baumarten (Baumarten die in der Vegetationsperiode Hitze/Trockenheit, aber auch kalte und trockenere Winter aushalten) wird immer wichtiger. Gleichzeitig ist die Neophyten-Problematik zu beachten und neuartige Schadmuster im Wald genau zu beobachten. Naturschutz und Forstwirtschaft müssen hier künftig viel besser zusammenarbeiten.
In diesem Zusammenhang sind z.B. Zertifizierungsdiskussionen wie durch PEFC-Vertreter:innen, als passive Verteidigung und Abgrenzung von anderen Zertifizierungsmodellen (wie z.B. FSC u.ä.) wenig hilfreich. Wie auch bei der Senken/Quellen-Diskussion hilft kein Verteidigen alter Denkmuster. Proaktives und vor allem ehrliches Zugehen auf die Öffentlichkeit sind notwendig und gefragt.
Auch das „ewige“ Thema der viel zu hohen Schalenwildbestände in Österreichs Wäldern darf in diesem Kontext nicht vergessen werden. Wissenschaft-liche Untersuchungen bestätigen für Österreich eine fünfmal(!) so hohe Schalenwilddichte im Vergleich zum europäischen Durchschnitt. Die Folge sind zum Teil gravierende Waldschäden durch Wild, welche regelmäßig durch das bundesweite Waldeinflussmonitoring des Bundesforschungszentrums für Wald (bfw.gv.at) dokumentiert wurden und werden. Als besonders dramatisches Beispiel und Folge einer Fehlentwicklung in diesem Zusammenhang ist die Tbc-Problematik zu nennen. Ausgehend von nach wie vor viel zu hohen Schalenwildbeständen wütet diese hochansteckende und für Rinder tödliche Krankheit seit rund 10(!) Jahren in der Grenzregion Tirol und Vorarlberg ohne ersichtlicher Verbesserung der Situation.
Holzbau in Wien
Zurück zum Wald innerhalb der Millionenstadt Wien und der klimafreundlichen Bautätigkeiten der Stadt. Aufgrund vorausschauender strategischer Planung und dem Wissen, dass klimarelevante Maßnahmen vor allem in großen Ballungsräumen ihre notwendige Wirkung erzielen, wächst die Waldfläche innerhalb der Wiener Stadtgrenze jährlich um 5 bis 10 Hektar, keine Kleinigkeit in einer Millionenmetropole. Dazu gibt es viele Projekte wie die seit Jahrzehnten jährlich stattfindende Waldaufforstungsaktion „Wald der jungen Wiener:innen“ oder auch die Wiener Wäldchen. Wiener Wäldchen sind kleine Flächen (100 bis 300 m2), die in der Regel auf Parkflächen mitten im urbanen Raum als Wald gepflanzt werden und sich rasch entwickeln. Sie stellen vor allem die notwendige und wichtige emotionale Bindung der städtischen Bevölkerung mit Wald dar. Auch kleine Flächen haben schon Kühlwirkung an heißen Sommertagen und wirken beruhigend. Eine nicht zu unterschätzende Tatsache.
Eine große Rolle spielen auch Umgestaltungen diverser innerstädtischer Straßenzüge durch Baumpflanzungen inklusive dem Adaptieren des Wurzelraums nach dem Schwammstadt-Prinzip. In den letzten fünf Jahren wurden dazu in Wien 344 Projekte realisiert und damit 500.000 m2 Grünraum mit einem Finanzvolumen von 100 Millionen € neu- oder umgestaltet.
Der Holzbau ist im gemeinnützigen Wohnbau der Bundeshauptstadt bereits angekommen. Die Bauordnung Wiens wurde als wichtiger Hebel erkannt und entsprechend novelliert. In diesem Zusammenhang finden weiterhin laufende Anpassungen und Überlegungen zu noch mehr Holzeinsatz im städtischen Bereich statt. Viele Wohnbauvorhaben sind bereits realisiert, weitere in Planung und Ausführung. Beispiele für den Einsatz des nachhaltigen Baustoffes Holz ist zum einen der 2023 fertiggestellte Schul-Neubau für 29 Klassen, Leopold-Kohr-Straße in Wien 22., wie auch kommunale Sportstätten, wo Holz als Teil eines umfangreichen Nachhaltigkeitskonzepts zum Einsatz kommt. Beides tolle Vorzeigeprojekte aus dem städtischen Klima-Programm VIE.CYCLE.
Zusammenfassend sind in Wien bereits viele Maßnahmen in den Bereichen Klimaschutz, Klimaanpassung sowie Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung auf gutem Weg bzw. vielerorts auch schon fertiggestellt. Abschließen möchte ich mit einem Zitat des Philosophen und Historikers Philipp Blom: „Es ist nicht mein Anliegen, Hoffnung zu machen, sondern eine andere Art des Denkens zu kultivieren“.
Auszug aus dem Vortrag anlässlich der Österreichischen Holzgespräche 2024 am 20. November 2024 in Linz.