Über den Tellerrand nach Bayern schauen

Artikel aus Ausgabe 4/2024

Die Forstexkursion 2024 stand unter dem Generalthema „Klimawandel“. Eines vorweg – der Klimawandel ist und wird auch in Zukunft die allergrößte Aufgabe für jeden Waldbesitzer, der auch in Zukunft sein Eigentum aktiv gestalten will.

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Ausgabe: 4/2024
Thema: Klimafitter Wald, Reportage
Bundesland: Salzburg
Autor:in: DI Gregor Grill

Die Forstexkursion 2024 stand unter dem Generalthema „Klimawandel“. Eines vorweg – der Klimawandel ist und wird auch in Zukunft die allergrößte Aufgabe für jeden Waldbesitzer, der auch in Zukunft sein Eigentum aktiv gestalten will. Auch die „Aufgaben“ und Verpflichtungen des Forstgesetzes, nämlich Bodenschutz, Wasserschutz, Erholung und Schutz vor Naturgefahren abseits der Holzproduktion zu erfüllen, geht bekanntlich nur mit einer Bewirtschaftung des Waldes. Die Geschwindigkeit der Veränderungen unseres Klimas geschieht mittlerweile rasend schnell. Alleine 2024 ist die Jahresmitteltemperatur in Österreich bis September bereits um 3,9 Grad Celsius über dem langjährigen Durchschnitt 1960 bis 1990 und damit bisher das heißeste, jemals gemessene Jahr. Im Verhältnis zur Temperatur sind allerdings die Niederschlagswerte aus Sicht des Waldes zufriedenstellend gewesen. Kaum auszudenken, was die Folgen bei geringen Niederschlägen im Wald gewesen wären.

Baumarten im Klimawandel
Dass solche Jahre aber noch kommen werden, ist sicher. In Deutschland sind solche Jahre bereits eingetreten, deshalb hat sich seit dem Trockenjahr 2018 auch die Forschung zu Alternativen stark weiterentwickelt. Die Ergebnisse sind allerdings aus Sicht der Praxis auf den ersten Blick sehr gewöhnungsbedürftig. Das liegt daran, dass einerseits immer weniger Nadelbaumarten in die Auswahl der Alternativen kommen, andererseits beinahe exotische Vorschläge aus den zukünftigen Klimadiagrammen kommen. Zerr- und Flaumeichen oder Feldulmen sind da noch bekannte Vertreter. Manna-Eschen, Blauglockenbaum oder Libanon- oder Atlaszeder liegen derzeit außerhalb des bekannten Spektrums. In der Züchtung wird viel ausprobiert, wie die Exkursionsteilnehmer auf den Versuchsflächen des Instituts für Waldgenetik in Teisendorf sehen konnten. Allerdings steckt die Forstgenetik im Gegensatz zur Landwirtschaft hier noch in den Kinderschuhen. Derzeit wird viel ausprobiert, welche neuen Baumarten in unseren Breitengraden wachsen können und gleichzeitig erforscht, ob die genetischen Eigenschaften bei gutem und stabilem Wachstum identifiziert werden können. Das Ziel dabei ist, innerhalb von 15 Jahren valide Empfehlungen, ausgehend von den aktuellen Anbauversuchen abgeben zu können. Ein weiterer interessanter Einblick konnte im Weltwald Freising der Bayerischen Staatsforsten gewonnen werden, wo seit rund 40 Jahren auf rund 100 ha Fläche rund 400 Baumarten aus aller Welt angepflanzt wurden. Bemerkenswert ist, dass Europa seit der letzten Eiszeit nur über einen Bruchteil an heimischen Baumarten verfügt, wie z.B. Nordamerika oder Asien. Baumarten aus diesen Erdteilen sind natürlich interessant für ein europäisches Klima in Zeiten des Wandels.

Risiko streuen und Dauerwald
Einen guten Eindruck über zukünftige Strategien konnten die Teilnehmer ausgerechnet in einem ausgewiesenen Quellschutzwald beobachten. Im rund 5.000 ha großen Wald der Stadt München, wo die Grundwasserströme zur Entnahme gefasst wurden, wird seit Jahrzehnten ein Dauerwaldmodell umgesetzt, das in Zukunft auch unter geänderten Klimabedingungen Vorteile bringt. Eine Vorgabe ist, dass sich zumindest vier Baumarten in jedem Bestand verjüngen können, um das Risiko zu streuen. Einzelstammentnahmen mit Zielstärkennutzung ohne Kahlschläge garantieren nicht nur eine stetige Verjüngung des Waldes, sondern ergeben durch die permanente Kraut- und Baumschicht ein stabiles Bestandesklima, das zukünftigen Hitzewellen aufgrund der dauernden Beschattung und Verdunstungsleistung wesentlich besser abfedern kann. Voraussetzung dafür ist allerdings eine ständige Vorlichtung der Bestände, um permanente Verjüngung zu garantieren. Als positiver Nebeneffekt verjüngt sich die Tanne unter idealen Bedingungen. Durch die hohe Zahl an Pflanzen in der flächendeckenden Naturverjüngung wird der Wildeinfluss insgesamt bei gut organisierter Bejagung deutlich geringer.

Green Deal macht Sorgen
Abseits der ohnehin großen Herausforderungen durch den Klimawandel werden durch die verschiedenen EU-Politiken aus dem Green Deal Grundlagen des bäuerlichen Selbstverständnisses stark in Frage gestellt. Die EU-Entwaldungsverordnung oder das Wiederherstellungsgesetz stehen vor der Tür und beschäftigen im Gespräch mit den Forstbetriebsleitern, Behörden und Fachverbänden die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer bei der Exkursion. Frustrierend ist, dass kaum qualifizierte Auskünfte zur Umsetzung dieser Gesetze möglich sind, bleibt die EU-Kommission seit mittlerweile einem Jahr bei der Entwaldungsverordnung jede Antwort auf die drängenden Fragen zur Umsetzung schuldig. Zumindest die Entwaldungsverordnung wurde nun um ein Jahr verschoben. Dass alle diese Regelungen erheblichen Einfluss auf das Grundeigentum haben und sogar das weitere Funktionieren der Wertschöpfungsketten massiv gefährden, kann in Brüssel nicht weiter ignoriert werden.

Dauerwaldmodell im Münchner Quellschutzwald mit stetiger Naturverjüngung. Mindestens vier Baumarten müssen im Bestand zur Risikostreuung vorkommen.

Versuchsfläche mit Japanbirke zeigt guten Wuchs nach 15 Jahren, im Vordergrund Zedernarten aus dem Libanon und Atlasgebirge.

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