Aufforstung und Bejagung nach dem Windwurf

Artikel aus Ausgabe 4/2018

Die Auswahl der passenden Baumarten und die Sicherung der frisch angepflanzten Forstkulturen sind die wichtigsten Maßnahmen in den Jahren nach einem großflächigen Windwurf. Sowohl Waldbesitzer als auch Jäger haben dabei wichtige Aufgaben zu erfüllen. Nur gemeinsam ist man dazu in der Lage, die besonderen Herausforderungen zu meistern.

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Ausgabe: 4/2018
Thema: Wald & Jagd, Wald & Wild
Bundesland: Österreich
Autor:in: DI Ernst Herzog

Im Raum Hermagor-Gitschtal-Weißensee sind durch ein Sturmereignis im August 2017 etwa 700 Hektar Kahlflächen entstanden. Die Freiflächen sind nun mit 2 Mio. Forstpflanzen in Bestand zu bringen. Eine erfolgreiche Bejagung der hektargroßen Kahlflächen ist dabei eine wesentliche Voraussetzung, damit sich in weiterer Folge Jungkulturen und Dickungen mit den gewünschten Mischbauarten entwickeln können. Dazu sind aber besondere Überlegungen und Strategien erforderlich. Unumgänglich ist eine Kooperation zwischen den Waldeigentümern und der Jägerschaft. Waldwirtschaftsgemeinschaft, Bezirksforstinspektion und Jägerschaft haben deshalb im April 2018 zu einem Informationsabend nach Weißbriach eingeladen. Im Rahmen der Veranstaltung referierte Ing. Josef Zandl von der Gutsverwaltung Fischhorn in Bruck an der Glocknerstraße über die forstliche und jagdliche Behandlung von Windwurfflächen im Kaprunertal. Georg Scheiflinger, Land- und Forstwirt sowie Obmann der Agrargemeinschaft Göriach berichtete über seine Erfahrungen bei der Wiederbewaldung von Windwurfflächen nach Sturm Paula im unteren Mölltal.

Für das Wild ändern sich die Voraussetzungen nach großflächigen Sturmereignissen wesentlich. Die ursprünglichen Einstände sind vorübergehend nicht mehr vorhanden und Wildwechsel verlagern sich. Nach einer Phase der intensiven Windwurfaufarbeitung ist mit starkem Verbissdruck auf den bereits aufgeforsteten Flächen zu rechnen. In der zweiten Vegetationsperiode nach dem Windwurf gibt es bereits einen Vegetationsüberschuss und die Schalenwildbestände beginnen zu steigen. In den Folgejahren nimmt das Äsungsangebot quantitativ und qualitativ weiter zu und das Wild reagiert mit einer erhöhten Reproduktionsrate – der Wildstand nimmt drastisch zu.

Während das Wild am Anfang noch gut zu sehen und bejagbar ist, nimmt die Sichtbarkeit des Wildes bereits nach ein paar Jahren aufgrund der sich üppig entwickelnden Schlagvegetation und der wachsenden Kulturen ab. Das ist sehr günstig für das Wild und ungünstig für die Bejagung, denn Äsung und Einstand befindet sich nun auf engstem Raum. Sobald die Kulturen ins Dickungsstadium einwachsen, wird die Jagd nahezu unmöglich.

Ausgangssituation für die Waldbesitzer

Im Bezirk Hermagor sind viele Altbestände mit Fichten, Tannen, Buchen, beigemischten Lärchen und Bergahornen aufgebaut. In den Jungbeständen sieht es jedoch ganz anders aus. Hier dominiert die Fichte. Buche und Lärche sind teilweise beigemischt und die Tanne kommt fast nicht mehr vor. Der Hauptgrund sind überhöhte Schalenwildbestände. Vielen Waldbesitzern genügte es bisher, dass die Fichte aufkam, denn bei der Tanne musste man einen Preisabschlag akzeptieren und das Laubholz ist laut vorherrschender Meinung sowieso nur Brennholz.

Aufgrund des Klimawandels kommt die Fichte immer stärker unter Druck und es ist ein Gebot der Stunde, wieder vermehrt auf Mischwald zu setzen. Aus diesem Grund werden Aufforstungen vom Land Kärnten nur dann finanziell unterstützt, wenn Mischwälder aufgeforstet werden. Das Einwachsen der aufgeforsteten und noch aufzuforstenden Mischkulturen ins Dickungsstadium ist aber beim derzeit vorhandenen Verbissdruck nicht möglich. Die Schalenwildabschüsse sind deshalb auf ein Mehrfaches der bisherigen Abschüsse anzuheben und zwar über einen Zeitraum von etwa zehn Jahren.

Windwurfgeschädigte Waldbesitzer stehen somit vor einer schwer zu lösenden Herausforderung. Sie mussten bereits die Sturmschäden (starker Preisverfall, erhöhte Aufarbeitungskosten, erhöhter Bruchholzanteil, hohe emotionale Belastung, stark in Mitleidenschaft gezogene Forstwege etc.) hinnehmen und zur Zeit macht ihnen der starke Rüsselkäferbefall in den Aufforstungen das Leben schwer. Bei anhaltend gleichbleibendem Verbissdruck ist zusätzlich mit großen Kulturschäden und dem Ausfall der Mischbaumarten zu rechnen.

Jäger sind gefordert

Die Forderung nach einer Erhöhung der Abschüsse stellt auch die Jägerschaft vor große Herausforderungen. Die jagdliche Infrastruktur muss gut geplant und rasch an die neuen Umstände angepasst werden. Zudem sind wirkungsvolle Jagdmethoden, wie Schwerpunktbejagungen und Intervalljagden umzusetzen und Ruhezonen einzurichten.

Die Schonzeiten sollten ebenfalls abgeändert werden. „Es macht Sinn, den Rehbock bereits im April zu bejagen, damit Fegeschäden erst gar nicht entstehen“, ist Ing. Zandl überzeugt. Schwerpunktbejagungen zum Ende der gesetzlichen Jagdzeit und darüber hinaus sind vor allem auf sonnseitigen Standorten, auf denen sich das Wild im Winter einstellt, sinnvoll.

Zur notwendigen jagdlichen Infrastruktur gehören Ansitzeinrichtungen, Pirschsteige und Jagdschneisen. Falls der Jagdberechtigte nicht selbst Eigenjagdbesitzer ist, ist vor dem Bau von Reviereinrichtungen die Zustimmung des Grundeigentümers einzuholen. Bereits bei der Errichtung von Hochsitzen ist die Anlage von Schuss- bzw. Jagdschneisen einzuplanen. Diese Schneisen sollten als „Krähenfuß“ angelegt werden und sie sind jährlich einmal vom Bewuchs zu befreien. Die Schneisenbreite beträgt 5 bis 20 Meter. Sinnvollerweise sind Jagdschneisen noch vor der Aufforstung zu kennzeichnen und nicht anzupflanzen. Je höher der Bewuchs auf den aufgeforsteten Flächen wird, desto wichtiger werden die Jagdschneisen für eine erfolgreiche Jagd. Bei kleinflächiger Besitzstruktur ist eine Anlage von Jagdschneisen entlang von Besitzgrenzen denkbar. Auch vorhandene Traktorwege können in das Jagdschneisenkonzept eingebunden werden. Nach einer Einsaat mit wildattraktiven Gras- und Blumensamen kann man diese jährlich mähen bzw. schlägeln und damit gleichzeitig begehrte Äsungsflächen für den Herbst schaffen.

Jagdsteige ermöglichen es dem pirschenden Jäger, unbemerkt an das Wild heranzukommen. Sie sind in der Falllinie, in engen Serpentinen, anzulegen, um möglichst wenig Fläche beim Begehen zu beunruhigen. Bei Pirschgängen auf quer über den Hang führenden Steigen, würde man aufgrund des tagsüber aufsteigenden Windes das Wild im gesamten Revierteil vergrämen.

Fakten & Details

  • Die Stürme des Vorjahres haben zu massiven Schäden geführt.
  • Auf großen Windwurfflächen steigen die Schalenwildbestände drastisch an.
  • Ein klimafitter Mischwald kann nur durch Mithilfe der Jäger aufgebracht werden.
  • Die notwendige Wildstandsreduktion bedeutet harte Arbeit für die Jäger und benötigt Durchhaltevermögen.
  • Intervall- und Schwerpunktbejagung sind praktikable Jagdmethoden.
  • Gesetzliche Möglichkeiten, welche die Wildstandsreduktion erleichtern bzw. überhaupt erst ermöglichen (z.B. § 72a Ktn. Jagdgesetz – Freihaltezone) sind zur Gänze auszuschöpfen. 
  • Waldeigentümer sollten den Jägern behilflich sein: z.B. kostenloses Befahren der Forststraßen für die Jagdausübung, Überlassung von Baumaterial für Reviereinrichtungen, Ermöglichung der Anlage von Jagdschneisen, Einbringung bzw. Belassen von Weiden als Verbiss- und Fegehölzer etc.

Die vom Sturm betroffenen Flächen sind zum Teil vorverjüngt. Das Absenken der Wildstände ist die wesentliche Voraussetzung, damit die Mischbaumarten in den Nachfolgebestand einwachsen können.

Die Einsaat von Rückewegen und Fahrgassen mit Wildäsungsmischungen und deren jährliche Pflege durch Abmähen oder Abschlägeln schafft attraktive Äsungsflächen für das Wild.

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