Im Gespräch mit Präsident Abg.z.NR Ök.-Rat Jakob Auer

Sep 9, 2013 | Allgemein

© by Bauernbund / Katteneder

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Jakob Auer geb. 31.08.1948 in Kirchberg in Tirol bewirtschaftet seit 1971 einen rund 46 Hektar großen Schweinemastbetrieb in Fischlham (Bezirk Wels Land, OÖ). Neben 44 Hektar Ackerland gehören 4 Hektar Wald zum Familienbetrieb.

Herr Präsident, nachhaltiges Handeln in der Forstwirtschaft bedeutet, nachfolgenden Generationen eine gesicherte Zukunft zu bieten. Wie beurteilen Sie die Forderungen der Europäischen Kommission nach einer Ausweitung von Natura-2000 Flächen sowie jene von Umweltorganisationen nach großflächigen Wildnisgebieten? Welchen Handlungsbedarf sehen Sie in diesem Bereich?

Präs. Auer: Brüssel mag immer mehr Natura 2000 Gebiete fordern. Aber bitte nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg. Ich fordere die verantwortlichen Stellen der Landesregierungen auf, die Grundbesitzer und die Landwirtschaftskammern von Beginn an in die Diskussion einzubinden. Eines muss klar sein: Eine Nutzungseinschränkung ohne entsprechende Abgeltung steht nicht zur Diskussion! Zudem erteile ich jeder weiteren großflächigen Außer-Nutzung-Stellung land- und forstwirtschaftlicher Flächen eine klare Absage. Zudem sind Forderungen nach Wildnisgebieten in Natura 2000-Gebieten eine klare Themenverfehlung, weil deren Schutzwert durch die Bewirtschaftung entstanden ist und nicht etwa durch Nicht-Bewirtschaftung. Wir wollen und müssen möglichst flächendeckend bewirtschaften, um genügend heimische Lebensmittel und Energie zur Verfügung stellen zu können. Das ist der beste Umweltschutz.

Leider ist immer häufiger festzustellen, dass durch gewisse Parteien oder Gesellschaftsgruppen aber auch in politischen Prozessen auf EU-Ebene Interessen und Rechte der Grundeigentümer unter Druck geraten. Wo sehen Sie Möglichkeiten das Grundrecht auf Eigentum zu stärken bzw. besser zu schützen, um somit die Eigenverantwortung und den Handlungsspielraum der Familien auch für die Zukunft zu festigen?

Präs. Auer: Es ist ein Faktum, dass durch Entscheidungen, die in Brüssel getroffen werden, immer mehr Einfluss auf die Gesetzgebung in Österreich ausgeübt wird. EU-Verordnungen sind zum Beispiel unmittelbar in österreichisches Recht umzusetzen. Da besteht kein Handlungsspielraum. Daher ist es wichtig, dass auch im Europäischen Parlament jene Partei die Mehrheit hat, die zum Schutz des Eigentums und zur aktiven Landbewirtschaftung steht. Derzeit sehe ich nur die Europäische Volkspartei in dieser Rolle. Nächstes Jahr finden wieder Europawahlen statt. Sie alle haben dann die Möglichkeit durch ihre Stimme das Kräfteverhältnis mitzubestimmen. Ich sehe auch so manche Prozesse der Europäischen Kommission sehr kritisch. So genannte Stakeholder-Befragungen, die häufig einer Gesetzeswerdung vorangehen, wenden sich an alle Bürger und berücksichtigen die Bedürfnisse der unmittelbar Betroffenen viel zu wenig. Dies trifft gerade die Berufsgruppe der Land- und Forstwirte sehr häufig. Es ist schon die Frage zu stellen, ob dieses Forcieren der Fremdbestimmung nicht auch pseudodemokratisch ist.

Die Europäische Kommission setzt bei der Ländlichen Entwicklung 2014 – 2020 im Bereich Forstwirtschaft die Schwerpunkte vor allem auf Wald–Umwelt–Maßnahmen und Klimaschutz. Wo sehen Sie als Waldbesitzer die wesentlichen Herausforderungen für die kommende Förderperiode?

Präs. Auer: Ich bin froh, dass wir die Forstwirtschaft in letzter Sekunde auch noch in die entsprechenden Rechtstexte zur Wettbewerbsfähigkeit in der ländlichen Entwicklung hineinreklamieren konnten. Waldumweltmaßnahmen können zwar punktuell eine gute Sache sein, wenn die eingesetzten Mittel direkt auf der Fläche zur Wirkung kommen können. Dies geht nur, wenn Maßnahmen gefördert werden, die von den Waldbauern angenommen und auch umgesetzt werden können. Besonders wichtig ist es aber anch wie vor, Infrastrukturmaßnahmen zur weiteren Erschließung der Wälder voranzutreiben, um Holzreserven zu nutzen und die Wälder für den Klimawandel fitt zu machen.

Mit Stichtag 1.1.2014 wird die neue Hauptfeststellung der Einheitswerte durchgeführt werden. Wie beurteilen Sie dieses „Großprojekt“ in Bezug auf das forstwirtschaftliche Vermögen und wie können sich die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer darauf vorbereiten?

Präs. Auer: Mit der Modernisierung des Einheitswertes ist uns ein Jahrzehnte-Projekt gelungen. Ohne Reform hätte sich die Landwirtschaft von der Pauschalierung ganz generell verabschieden müssen. Nicht die Einheitswerte, sondern der Verkehrswert wären Basis zur Berechnung von Steuern und Abgaben gewesen. Um dieses Erdbeben zu verhindern, habe ich in über hundert, hauptsächlich abendlichen Verhandlungsstunden mit der SPÖ das Maximum herausgeholt. Mehr wäre mit dieser SPÖ wirklich nicht zu machen gewesen. Im europäischen Vergleich haben wir nach wie vor eine sehr bauernfreundliche Lösung. In den meisten anderen Ländern sind schon kleine Landwirte buchführungspflichtig.
Bezogen auf den forstwirtschaftlichen Einheitswert empfiehlt sich für Waldbesitz größer 10 Hektar ein einfacher Waldwirtschaftsplan, der alle relevanten Informationen enthält. Faktum ist, dass das Ertragspotential bewertet wird, daher werden Altbestände und Fichtenbestände einen höheren Hektarsatz aufweisen als z.B. eine Buchendickung. Der derzeit sehr gute Holzmarkt könnte in den kommenden Monaten noch genutzt werden.
Vielen Dank für das Gespräch!

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